sitzen und lesen und mir die tränen vom gesicht wischen, weil die geschichte so packend ist, so tief, so trifft.
und so gut geschrieben ist.
Patricia MacLachlan: Schere, Stein, Papier. Hanser Verlag.
eine familie, ein findelkind, ein winter, ein verstorbener bruder, das alles erzählt aus kindersicht.
ich lese geniesse durchdringe schlucke schmecke alle ihre sätze, es ist kein kein wort zuviel (danke Hanna Johansen für die traumwandlerisch wunderbare übersetzung!) kein rückblenden, keine verschwendung, keine wortschrauben, satzschleifen, nein. pur. verschlankt aufs wesentliche. nur das wesentliche. jedes kapitel klar durcherzählt. ein bogen, eine linie, ein atem. (wieviel hat sie wohl gestrichen? frage ich mich)
ich bin hingerissen.
und ich weiss, ich weiss, verdammt, ich möchte schreiben. ich möchte nicht noch einen malkurs, nicht noch ein letterjournal (es ist schön mit gelb zu spielen, es ist eine herausforderung, aber es ist, eva sei ehrlich, es ist prokratstination vom feinsten) ich möchte schreiben. in stimmungen tauchen, in worten graben, in töne sinken, in gerüchen baden, ich möchte meine verknappten verkürzten noch mal und noch mal reduzierten gedichte lernen aufzumachen, zu öffnen für mehr, für eine erzählung, für "prosa mit dem hang zum zeilenumbruch" (danke marko tschírpke, diesen satz liebe ich) für einen faden, für etwas, das es wert ist, erzählt zu werden. ich muss es nur noch er.finden.
ich habe nun mit patricia maclachlan wieder eine autorin gefunden, deren handwerk mich so begeistert, mich so satz für satz zerlegen, geniessen und wieder zusammensetzen lässt mit der staunenden begeisterten bewundernden erkenntnis, es ist wahrlich kein wort zuviel und jedes am richtigen ort.
"takeshis haut" von lucy fricke hat mich beim ersten wie beim wieder und wieder lesen genauso gepackt, ich spüre das sirren im innern der hauptfigur, ihre gefühlsverwirrnis, das im tiefst inneren berührt, aus der bahn geworfen, ausgeliefert durchgerüttelt sein. und der einstieg in den beruf einer geräuschemacherin ist einfach faszinierend.
ulla-lena lundbergs "eis" hat mich wieder anders erwischt, ihre sezierende fähigkeit all die kleinen unterdrückten, versteckten, geheimen, schamhaften, widerstreitenden gefühle der menschen, die im miteinander umgehen / umgehen müssen entstehen, auftauchen, zuschlagen, einem heiss werden lassen, wütend, verlegen, ertappt, verletzt, peinlich berührt, ich habe sie noch nie zuvor auf diese schonungslos klare weise ausgesprochen, beschrieben, erzählt gelesen. und nicht zuletzt die worte des alten an den pfarrer "hier leben kräfte, die waren schon alt, als jesus noch ein kind war "(das ist jetzt unscharf aus dem kopf wiedergegeben, ich habe das buch nicht hier) - das hat einen ton in mir zum beben gebracht, von dem ich nichts wusste.
frauen. immer wieder frauen, die mit einer solchen klarheit erzählen, ohne schwulst und pomp, ohne gelaber, ohne wertung. stimmt das? ohne wertung? es geht mir eben beim schreiben durch den kopf und ich frage mich, ob der satz stimmt, doch, ich glaube er stimmt. sie beurteilen, verurteilen, kategorisieren ihre figuren nicht. sie lassen den figuren raum und zeit sich zu entwickeln, zu SEIN. sie geben raum.
sie sind alle drei auf ihre art betrachterinnen von aussen (auch wenn es um intimstes geht!) und ich habe bei allen dreien das gefühl, die autorinnen haben schreibend ihren figuren raum gegeben, sich zu entfalten, verhalten, verändern und die autorinnen haben sich auf dieses sich entfaltende eigenleben ihrer figuren eingelassen. (was nicht selbstverständlich ist, glaube ich. dem eigenleben einer fiktiven person nachzugeben. ha. das kann dir die ganze planung eines plots zerschießen)
hachz. beglückt sein über ein buch, das ein straßenkartonfund ist und so dermaßen berührend. schere, stein, papier.
em, notiz am rande. auch wenn mich ein plot vielleicht nicht grade "umhaut" - ich kann mich ganz überwältigt begeistern für das handwerk WIE etwas erzählt ist. und das ist dann auch ein grund, der mich dazu bringt, manche bücher wieder und wieder und wieder zu lesen. nicht nur wegen der story, den protagonistinnen, dem plot. sondern wegen meinem genuß an der sprache. dem genuß der sätze, der adjektive, der bilder, der metaphern, der beschreibungen, mit denen ich sehe, höre, schmecke, rieche, fühle, mitfühle, spüre, zittre, innehalte. und beim lesen denke "boah".