Donnerstag, 30. Dezember 2021

Absprung

Sie sitzt auf der Fensterbank im dritten Stock, vor ihr der Baum. Sie sagt "wenn ich jetzt springe, werde ich nicht fliegen." Er sagt "mach das Fenster zu, es wird kalt".

Sie springt, landet im Baum mit dem Rucksack auf. 

Unter dem Baum versammeln sich Menschen. Er schaut aus dem Fenster, sieht ihr zu.

Sie ruft "lila Klamotten!" , von unten ruft ein Mann "schwarze Klamotten!".

Sie lässt den Rucksack auf den Mann fallen. Der fällt um und ist tot. Ist ein großer schwarzer Fettfleck. Aus dem Rucksack kullern Carokaffeedosen. Sie klettert vom Baum, nimmt die Dosen in die Hand, sieht nach oben zu ihm und schreit "Du Idiot!"

Die Rechtsanwälte aus dem Erdgeschoss kommen nach draussen. Ein langer dürrer und ein kleiner mit grauen Locken.  Sie haben Schönfelder* dabei.

"Frau Kollegin, lassen Sie uns sehen, wer der Stärkere ist". Sie geben ihr einen Schönfelder und der lange dürre nimmt einen. Beide nehmen Aufstellung und zielen mit den Büchern. Die Leute feuern sie an. Er schreit von oben: "Hör auf! Lass das sein! Pass auf, der ist größer und stärker!"

Sie zielt und trifft. Der Kopf des Anwalts fällt ab und rollt über die Straße. Der Mann gestikuliert und läuft weiter. Er rennt vom dritten Stock auf die Straße und schreit:"Wo ist ein Arzt? Wo ist ein Arzt?" Aus dem Schornstein guckt ein Student und erklärt Medizin zu studieren. "Ich komme gleich runter, aber erst räuchere ich meine Ente fertig." Ein Mädchen aus der Anwaltskanzlei schwenkt den Kopf ihres Chef, den sie mit zwei Fingern in der Nase trägt - "wie eine Bowlingkugel" kichert sie. 

Der Medizinstudent nimmt ihr den Kopf ab, sucht den Hals am Körper und erklärt, hier nicht helfen zu können. "Der hat kein Schraubgewinde, da kann ich nichts machen. Da müssen sie ins Krankenhaus."

Sie leihen einen Kinderwagen, setzen den Anwalt hinein, seinen Kopf in den Schoß und ziehen zur Klinik. Mindestens 60 Leute folgen dem Wagen. 

Im Krankenhaus wird der Kopf angedübelt. Der Anwalt bedankt sich und geht. 

Sie kommt mit einem Bus um die Ecke, lässt die Türen aufgehen "Einsteigen bitte! Alle Sechzig mit Anwalt, Kinderwagen und Rucksack!"

Sie fährt beängstigend mutig. "Du hast keinen Führerschein" sagt er, "wie fährst Du den Bus?"

Sie lacht diabolisch, "der hier fährt auf Knopfdruck, es ist gar kein Problem" und klebt während der Fahrt Anarcho-Aufkleber überall, wo ihre Arme hinreichen. An Haltestellen fährt sie vorüber. Vor der Christuskirche stellt sie den Bus quer, blockiert die vier Fahrspuren der Straße und lässt alle aussteigen.


ENDE


Diese irre shortstory habe ich irgendwann zwischen 1992 und 1999 geschrieben und heute beim Räumen gefunden. Sie ist entstanden aus einem wirren Traum, den ich nach dem Aufwachen fortschrieb. Ich habe sie hier absichtlich so raw und unbearbeitet gelassen. 

 

*Schönfelder: Deutsche Gesetzestexte als Loseblattsammlung, heisst heute Habersack, ein dickes rotes Buch, wiegt 2455 g, Juristen-Grundausstattung.



Montag, 6. Dezember 2021

Pfütze


Sie leuchtete von Weitem. Graublau wie der darin gespiegelte Himmel.
Eine tatzenförmige Pfütze vor dem eisernen Molengeländer mit seinem breiten Handlauf aus Holz.
Hinten gerundet, vorn drei U-förmige Einbuchtungen, die in spitzige krallenartige Abdrücke ausliefen. Mindestens drei Meter breit und gut einen Meter in der Länge.
Ein Abdruck wie ein letzter kraftvoller Schritt vor dem Sprung von der Mauerkrone der Mole in den sechs Meter tiefer liegenden Fluß.

Niemand beachtete das als Geste des Abschieds sorgsam auf dem Handlauf abgestellte Vogelnest.


Die tatzenförmigen Abdrücke oder Pfützen tauchten in den Wochen des trüben Dezember öfter auf.
Am Flussufer im Hafen, gegenüber der Marina mit ihrer segelförmigen Weihnachtsbeleuchtung, in der Matsche überfluteter Wiesen, auf dem Treidelpfad.
Eine weit draussen auf der äußersten Sandbank neben der Fahrrinne, zum großen Erschrecken eines Kutterkapitäns.

Was den Abdrücken vorangeht: Die Erschütterung des Bodens, das schwungvolle Sich-Lösen vom Asphalt, der Moment, in dem sich ein schwarzverzweigtes Etwas mitten im Sprung in ein riesiges Schwarz wandelt,
so für Sekunden den Himmel verdeckend umfassbar groß, dass sein Anblick für einen zufällig darunter geratetenen Menschen überwältigend ist, der Schock des Erblindens.

Danach: Nichts. Ein leises Kräuseln der Wasseroberfläche. Die Pfütze, die sich mit Wasser füllt.
Stille. Stille.
In dem beständig lauten Atem der Stadt eine Stille, die untergeht in der dröhnenden Taubheit all ihrer Bewohner.

 
Es dauerte bis in den Februar, als die Leute vom Grünamt die Platanen zu beschneiden begannen, als die Überflutung der Mainwiesen nachliess, bis das Fehlen einiger Bäume auffiel; und nochmals Wochen, bis selbst die Biologinnen begannen, einen Zusammenhang herzustellen zwischen den unförmig großen tatzenförmigen Pfützen vom Winter und den verschwundenen Bäumen am Fluß.

Der Zusammenhang erschien ihnen ebenso unwahrscheinlich wie logisch.

An das sorgsam auf dem Geländer abgelegte Vogelnest erinnerte sich niemand mehr. Kinder hatten es mit nach Hause genommen, wo es nach einigen Tagen der Hund in die Pfoten bekam und zerkaute. 

 


 

 

© eva becker dezember 2021

Dienstag, 14. September 2021

wenn die stadt....

wenn die stadt ruhig wird 

am nachmittag

abend 

nur noch die baustellenjunkies mit schmackes

große teile metall auf die böden krachen lassen

dass das eine oder andere haus erschreckt mit den schultern zuckt 

und sogar das flamencohafte getrippel der jungtauben

auf dem oberen flachdach bei ihren balzübungen innehält

wenn also die stadt

spätsommerlich einatmet

ehe sie schlossgrabenkonzerte oder eine kläffende hunderunde aushustet

hört man

geschwätz

plauderndes, sanftes, girrend zuweilen, 

schnalzend, kichernd fast,

sammeln sich gesellig die stare

und scheissen

unterschiedslos

auf wahlplakate und frisch gewaschene wäsche.  


14.9.2021


Samstag, 11. September 2021

wie frau plötzlich zum wiedschodrehen kommt....

Schräger Tag heute.

Wusste, ich hab zu tun, will die 35 Videosequenzen konzentriert durchgucken, notieren, wo Schnitt hinsoll, eine weitere Tonspur für "voice over" einsprechen.

Dann kommt alles anders. Ich bin viel zu früh wach, lese im Bett (Der Weltensammler von Trojanow) und als ich aufstehe, bin ich eigentlich noch schrecklich müde und gähne dauernd. Oh Wunder, der Große ist schon auf, der GöGa kommt dazu, wir frühstücken zusammen, der Kleine steht auf, zweite Kanne Tee, die Familie sitzt selten mit allen Vieren zusammen. Schön.

Ich radle zum Markt, zottle bei unseren Lieblingsständen vorbei und komme heim, die Taschen voll mit wunderbarem Brot, Spätzwetschgen, roten Beten, Suppentomaten, einer sehr dicken sehr runden Aubergine, einem kleinen schokobraunen Paprika, ach ich liebe Marktgänge!

Stehe in der Küche, die Suppentomaten verschaffen und die Kerne sichern, auf Papier streichen, beschriften, Saatgut für 2022. 

Schneide Zucchini in Scheiben, aufs Backblech, untern Grill. Schneide die Monsteraubergine in Scheiben, salzen und abtropfen. Die kommt als nächstes untern Grill. Hacke Knofel. Mariniere die gebratenen Zucchinischeiben mit Knoblauch, Salz, Pfeffer, Olivenöl, Petersilie, fülle die Auberginenscheiben mit Fetacreme, rolle sie auf. 

Der Kleine leiert ein Nähprojekt an, "mache aus 4 Hosen, die alle anders kaputt/zu klein sind, eine Patchworkneue". Also kommt die Nähmaschine ins Wohnzimmer, ich sitze nebenan in meinem Zimmer, doodle coloricombo und assisstiere immer wieder drüben an der Maschine / beim Stecken / beim Unterspule auffüllen usw usf. An konzentriertes Arbeiten an meinem Projekt ist nicht zu denken. Macht ja nix. Ist auch so schön, eine malt, einer näht, einer arbeitet am PC, einer räumt und werkelt - alle Türen offen, man hört einander, schliesslich rafft uns der Hunger von den Tischen, der Große "Mama, was kochen wir?"

So stehen wir beide in der Küche, schnippeln, kochen, er sorgt für Musik (Danke, wenn Du Musik zusammenstellst, tanze ich zwischen den Töpfen!) und Alle sammeln sich zum Futtern. Wieder alle zusammen. Wie selten das geworden ist und wie sehr ich es genieße. Der Große, sonst eher maulfaul wenig mitteilungsfreudig, erzählt. Familienwohlfühlen. Der Nachmittag geht mit offenen Türen weiter. Irgendwann ist die Hose fertig, mein Malschreibbrief fertig, Hummus zum Mitnehmen für den Kleinen geschnurrt, der zu Freunden verschwindet. Die Fledermaus ist im Hof, es wird ziemlich schnell dunkel.

Kann ich jetzt? Ich? Bitte mal? 

Hurray. Eine gute Stunde später oder so ist der erste Durchgang notiert für den Cutter. 

Ich stehe auf, suche etwas, kniee auf der Bettkante, als der Lattenrost von der Kante rutscht und ich zong 10 cm tiefer ratsche und mit dem Schienbein auf den Metallbettrahmen knalle. Ui. Ein Ei. Au. Und blau.

Sch...sch... sch...  Vergiss es. Nix mit Tonspur aufnehmen. Der Tag ist ge.lau.fen. 

Nun sitze ich also auf dem Bett, Eis auf dem Ei, das auf dem Schienbein prangt, höre Bachar Mar- Khalife's Album Ya Balad und erzähle Euch, was es mit den Videosequenzen aus dem ersten Absatz auf sich hat. Fragt nicht. Fast wie die Jungfrau zum Kind. 

Dank der wundervollen Mehrnousch Zaeri-Esfahani, die regelmäßig auf Literaturwettbewerbe aller Art aufmerksam macht, habe ich ein Gedicht bei pride poesie eingereicht - ein Gedicht und eine Filmidee, denn wer in die Auswahl kommt, hat ein Lyrikvideo zu liefern, zwischen 6 und 12 Minuten. 

Ich. Und Video. Pffft. Na gut, ich dachte, reich halt ein, wird eh nix. (Obwohl ich die Filmidee sofort parat hatte, ne) Pfft. Wurde aber. Zusage. Du bist in der Auswahl. Aaaaaaaaaaaa. Und jetzt?

Glücklicherweise vermietet hier ein Verein für kleineres Budget Videokamera und Eqipment. So zottelten mein liebes Kind und ich an dem sehr warmen Samstagmittag vor 1 Woche mit den Rädern auf in die Mainwiesen, weil ich im Krokodil zu drehen gedachte. Kommen an: Unter Wasser. Och nö. Och nö!! Und nun? Dann also die Räder (mit Kamerakoffer und Stativsack, verdammt, schwer) über die Staustufe rüber und an der andern Mainseite einen Platz ausgesucht. Noch ein Schwätzchen mit einem Mann, der mit seinen zwei kleinen Bullies unterwegs war (der eine hat mir das ganze salzige Bein abgeleckt, kicher), dann der Versuch, etwas brauchbares aufzunehmen. Ich sag Euch. Ähhh. Warum ist an einem Samstag nachmittag so viel auf dem Wasser los? Schiffe, Boote, Ruderer, Schiffe, Jetski, LAUT. 

Schliesslich 28 kurze Sequenzen, unter 1 min bis 3 min. Sonntags früh bin ich dann nochmal alleine los, an den Rhein diesmal. 7 weitere Minidrehs. Ulkig, beim Durchgucken stelle ich fest, die Mainaufnahmen waren alle viel kraftvoller, dynamischer, die am Rhein, frühmorgens, sanft stilles Wasser, alles ruhig (aber die Kamerhand sauverwackelt, grr) waren, fast alle jedenfalls, lahm. Von den insgesamt 35 Sequenzen bleiben roundabout 27 brauchbar zum zusammenschneiden. Was ein Fuddelkram! 

Aber, es gibt ja Hilfe! Schnitt macht für die Menschen, die es nicht können, ein Profi in Köln, den der die Ausschreibung veranstaltende Verein irgendwie verpflichtet hat. Find ich ja so was von klasse! Ich stelle also zusammen, sage, was wohin soll, lade es in die Wolke, der lädt es runter, schneidet, schickts wieder in die Wolke, ich gucks mir an, darf sagen, was ich noch geändert haben will. (Stein vom Herz fall, am Anfang hiess es, man müsse zum Schnitt einen Tag nach Köln kommen. Hilfe, dachte ich, ich hab noch nie 'n Wiedscho geschnitten!) 

Tja, da bin ich  mal gespannt, was der Profi aus meinem dilettantischen Gewackel zaubern kann.  

Will noch wer Tee? Oder Mirabell-Heidelbeer-Kuchen? Menno, bin ich müde. Weltensammler, ich komme. 

Treibt's bunt.  

Und der nächste Post wird, versprochen, endlich der Rückblick auf die sagenhaft schöne Sommerpost! Die war so klasse. Schönste Papiere! Es war ein Fest.


Samstag, 7. August 2021

Wald + Hund + unterwegs sein

Endlich zweimal geimpft! 

Meine Freundin habe ich bis auf 40 min letzten Sommer auf Abstand im Hof seit 2019 nicht gesehen. Traditionellerweise besuchen wir uns zwei- bis dreimal im Jahr samt Übernachtung. Wir haben uns sehr gefehlt! 

Aus der Zeit fallen mit einem Wochenende im Siegerland mit viel Wald + Hund Spaziergängen, quatschen, malen, kochen, Wein trinken, geniessen, Zeit zu haben.


An der Ley oder Lay











an der Nister


Frechdachs Sam


Wehr am Kloster



Kräutergarten Marienstatt


 
Ich will Akanthus im Garten!! Wer kennt sich aus?

Sam durfte nicht mit aufs Gelände - also ein schneller Kräutergartengang




 

Ach war das schön!!



Dienstag, 27. Juli 2021

Sommerpost 2021 Papier schöpfen

Alljährlich ruft das Postkunstwerkblog zum PostKunstSommer - dieses Jahr zum Papierschöpfen.

Begeistert angemeldet, Pläne gemacht, Einstreusel gesammelt, hach. 

Zum Glück habe ich etwas früher angefangen, es wird langwieriger als gedacht.

Am letzten Arbeitstag jagte ich einen Stapel gehorteter Deckblätter/ Versandbeileger aus der Büropost mit wenig Aufdruck, also fast weiss, durch den Büroschredder. 

Letzte Woche setzte ich dann meine Pulpen an (zum Glück war kein Mensch der Familie in der Nähe, als ich die erste Ladung in den Mixer gegeben hatte - das Zeug spritzte aus allen verfügbaren Ritzen... ähem, Küche putzen hält auch auf, ne) und füllte sie in kleine Eimerchen ab. Das war mittwochs.

Donnerstag trafen wir uns mit einem Freund in Wiesbaden zum ausgiebigen quatschen, essen, 

 


nein, ich hab das Sojasoßenkännchen nicht mitgehn lassen, obwohl, ich war kurz davor...

herumlaufen, gucken

 

 

zu seinem Erstaunen einfach in Hinterhöfe abbiegen

"ei, da war isch ja noch nie drin..." staunt der Hesse, der jede Woche im Haus daneben einkaufen geht. 

Fundstück: Die alte Belegtafel im Tordurchgang

 

Gewürze nachkaufen, Biere probieren, schlicht: Zeit und Geschichten für- und miteinander haben.

Freitags saß ich im Hof und lackierte einen über A 4 großen Rahmen und tackerte das Sieb ein. 

Samstag wollte ich schöpfen und musste mit leichtem Entsetzen feststellen, erstens, kein Pott ist groß genug für das Sieb, zweitens, als ich aus einer geborgten großen Plastebütte schöpfe: es tut eh nicht, weil es trotz Metallgitter doch durchhängt. Also den Rahmen kurzerhand kleingesägt und ein A 5 Sieb genagelt. Weiterschöpfen. Es fängt an zu nieselregnen. Weiterschöpfen, Mist, es regnet richtig und der letzte abgegautschte Bogen wird umgehend regentropfzerlöchert. Fluch!

Bis alles vom Hof ins Haus geschafft ist, bin ich nass bis in die Wäsche. 

Ein paar Stunden später versuche ich die Bögen von den Gautschtüchern zu nehmen, sie reissen. Erkenntnis: Diese Pulpe ist viel zu dünn. Grrrrrr. Pulpe abkratzen, einsammeln, Tücher zum Trocknen aufhängen.

Samstag nacht: Ich setze weitere Pulpe an. Sonntag: Ab ich den Mixer. (Mixer mit Küchentuch umwickeln vorm einschalten, sonst siehe oben...)  

Sonntag nachmittag im Hof: Papiersorte eins und zwei werden geschöpft, gepresst, hoch auf den überdachten Balkon getragen, der nächste Regen abgewartet...

Montag: Ich wandere wieder in den Hof und baue auf. Die Lütte von nebenan hüpft vorbei. "Ist Dein Papier diesmal was geworden?" "Ja", sage ich "zwei Sorten trocknen schon". Sie lehnt sich an die Bank auf der die Bütte steht und meint mit Blick in die Bütte "das war schon lustig gestern." Ich so, "wie? was?" "Dein Papier. Da war ja lauter Dreck drin." Sprichts und hüpft davon. Da mach mal dem Fratz klar, das war Absicht!

Sorte drei und vier werden geschöpft. Der Balkon hängt voller Gautschtücher... Abends nehme ich die Bögen ab, der Wäscheständer in meinem Zimmer ist papierbelegt...

Heute, Dienstag

                                                 Schlimmste Fransen abzuppeln.
 

Bügeln. Papier mit eingestreuter Lavendelblüte ist beim Bügeln ein olfaktorisches Erlebnis! Namen ausdenken wie "Die Rache der Köchin". Grins. 

Die gelungensten Bögen sortieren und versandfertig machen, ich glaub das mach ich nächste Woche.... Bis dahin freu ich mich an diesem Stapel.


Das erste Sommerpostpapier ist schon angekommen bei mir:




 

Kathleen hat ihre Erinnerungen an schwedische Sommer in Papier geschöpft, ausführlich die Entstehung ihrer Papiere beschrieben und ebenso liebevoll wie amüsant verpackt.  Vielen Dank!!


Mittwoch, 14. Juli 2021

fieber

 lonis kopf war voll watte. sie schüttelte ihn. schlechter zug. die watte tat weh und hielt kieselsteine bereit, die durch den schädel rollten. andere steine, große, schwerere, waren an arme und beine gebunden und etwas hatte die augenlider verklebt. loni kämpfte. kämpfte sich durch die watte, zwang die schmerzenden verklebten augen auf, scharrte kraftlos mit den füßen im nass geschwitzten laken, das sich um ihre beine gewickelt hatte. da war ein geräusch. fremd. pochend. schritte? loni kämpfte, doch die watte wickelte ihr bewusstsein ein und sie versank. das pochen kam näher. ein scharren auch. loni schrie, innerlich, weit entfernt hinter der watte aus knapp 40° fieber und einer fetten infektion. ihr bewusstsein trieb in wellen her und davon. nur dieser schrei in ihr wurde lauter. mit jeder fieberwelle, mit jedem was pocht da, was scharrt da, wer ist auf der treppe, niemand kann mir gefolgt sein, die küstenstrasse war leer und das auto ist in der scheune versteckt, mit jedem geräusch, ob gehört oder im fieberwirren kopf nur geträumt, stieg dieses gefühl des ausgeliefertseins in loni hoch, kroch über die beine, die gelähmt und von steinen beschwert mit dem laken gefesselt waren, kroch über ihr geschlecht, das sich angstvoll verkrampfte, jagte durch den schmerzenden bauch in den magen, brachte sie zum würgen, zum japsen, wer nimmt mir die luft, wer ist auf der treppe, wer auf meinem brustkorb, wer hat seine handkante auf meinen hals gelegt?! loni bäumte sich auf, würgte, fauchte, während das scharren vor ihrer tür mit krallen nach ihr griff. 

 

 danke mehrnousch @schreibjedentag für die a.n.g.s.t.

die ratte

die ratte lag im sterben. wahrscheinlich gift. sie lag auf dem trottoir, zwischen mülltonnen und dem hauseingang, in den sich sarah geflüchet hatte, als der platzregen losging. es schüttete von jetzt auf gleich, als habe jemand einen schalter umgelegt. ihr war es gerade noch so gelungen, unter den fremden dachüberstand zu hechten, ehe sie völlig durchnässt war. sie setzte den rucksack ab und kramte nach jacke und schirm, als sie die ratte bemerkte. 

das tier lag auf der seite und atmete schwer. sein weiches graues fellchen war von den wassertropfen schon ganz nass und zerzaust. rund um die sterbende ratte sprangen die regentropfen in großen blasen hoch, hüpften und spritzen und es pladderte wie verrückt. das wasser stieg schnell in den kleinen dellen der backsteine und das sterbende tierchen, das doch so unbedingt leben wollte, ertrank fast im regen, hob mühsam den kopf, schnaubte und nieste, bis die kleine hellrosa schnauze erschöpft wieder ins wasser zurücksank. 

sarah stand wie festgenagelt. ihr tat das tier gräßlich leid, andererseits wusste sie, es starb ohnehin. gegen das gift war nichts zu machen. sie stand und schaute. schliesslich hielt sie den schirm dicht an den kopf gepresst über sich, lief zu der ratte, nahm sie am nackenfell hoch und trug sie eilig in die trockene ecke, in der sie selbst stand. 

da lag die ratte nun neben ihren füßen. sterben geht nicht schnell. der kleine brustkorb hob und senkte sich, das tier, erschrocken über den transport, atmete heftig, der bauch pumpte luft, die hinterbeine scharrten kraftlos im schmutz. es dauerte eine weile, bis es sich beruhigt hatte. 

sarah beruhigte sich nicht. wieder und wieder hielt sie ihre hand in den regen, mit der sie das arme tier angefasst hatte, spülte und wischte sie ab und schalt sich gleichzeitig dumm, albern und mitleidlos. als der regen ein mü nachließ, hielt sie es nicht mehr aus, dieses sterben und scharren und atmen. sie nahm ihren rucksack und rannte. 


danke an mehrnousch @schreibjedentag für die reizwörter!

Sonntag, 4. Juli 2021

Gartenrundgang

Prinzessin auf der Erbse!
Wir hatten dank einem kühlen und nassen Mai eine Erdbeerschwemme sondersgleichen




Zum Unmut des Vorstandes habe ich ein paar Jahre eine Kiefer gehegt "die muss da raus! Die gehört nicht in einen Kleingarten!" Schade. Ich liebe Kiefern.



Baumtransport nach Hause, links Kiefer im Eimer, rechts die Erde dazu.


Die Madame hatte laut Baumbegutachter einen Blitz abbekommen - muss Jahrzehnte her sein.

Aber sie ist gesund, sagt er. 




 Das waren Fotos vom 26.6.2021 am Abend, die mein Jüngster gemacht hat.

Nun kommen die von heute. 


Des GöGa Wein hat vortrefflich angesetzt!




Das Hochbeet von 2020 wurde durch Winterregen und Frühjahrsregen immer flacher und ist ein niedriges Hügelbeetchen geworden. Die Kürbanten scheinen es zu mögen.


Einmal Augen schliessen für Duft und Gebrumm


Durch die Wiese schrammeln mit dem Brill. 


das klein Bäumchen trägt wie wild. Cox Orange.

braucht wer ein paar Pfund Zitronenmelisse ?


Hmmm, da schmiss ich einfach die 4 Jahre alten restlichen Saaterbsen hin, mit dem Gedanken "davon geht bestimmt eh nix mehr auf" und plötzlich hab ich Erbsen!


Die Feige hat sich schön gemausert und das Schleierkraut wird von den winzigsten 2mm Bienlein angeflogen, von irren Schlupfwespen und grüngoldenen "Scheisshausfliegen" (sagte meine Oma immer dazu) - es riecht wirklich sehr beeindruckend nach heftigen Käsefüßen!


Ein Bohnenkrautkissen




Bohnen Ringelblumen und Bohnenkraut, hinten Erdbeeren, vorne Tomaten.


Mal gespannt, wieviel Sorten Tomaten heuer tragen. Angezogen hab ich etwa 7 Sorten. 

oder mehr? Überraschungstüte...

Tja, der GöGa dachte, es seien Buschbohnen. Aber sie klettern !!!


Borretsch und Mangold im Rennen um das Riesenblatt

Es gibt Kartoffeln!!



Die Kokarde möchte partout nicht im Beet sein


Weiss wer, wie das hier heisst?


Den Zucchini einen neuen Platz im Staudenbeet spendieren. Gefällt. 





Die liebste Madame darf bleiben! Hurra! Der Baumbegutachter hat entschieden, sie hat Bestandsschutz, sie ist gesund und sie lassen einen Klettererer rein, das Totholz rausnehmen. Ab jetzt jährliche Beurteilung. Uff. Steine vom Herzen roll. 


Wer hamm Kürschn! saure Kürschn. Lekka. 


Die Farbe kommt auf dem Foto nicht annähernd so knallig rüber, wie das blüht! 


 

Es grüßt die Nachtköchin. Salzkartoffeln von gestern mit Ei und Milch zerpampseln, gut würzen, auf Hefeteig streichen, rollen, schneiden und Kartoffelpü-Schnecken backen. 

Der Rhabarber-Quark-Kuchen steht aufm Balkon im Schuckefinstern, der schaffts heut nacht nicht mehr aufs Bild. Null Uhr! Schönen Sonntag allerseits!