Donnerstag, 30. März 2017

die welt vor meiner tür

Ein sommersprossiges Mädchen kommt mir entgegen, roter Lockenkopf, kaum gebändigt von dicken Kopfhörern, Eulenbrille - und wie sie lacht!

Rad Probe fahren mit viel zu niedrigem Sattel. Kurve um Parkbänke, die in Reih und Glied vor der Kirchenruine warten, umkreise den Pizza essenden Mann, schaukle zwischen Eis schleckenden Kindern durch, schalte die Gänge rauf, hui, da war beinah ein Schild im Weg, absteigen mit schmerzendem Knie, das 3 Wochen kein Rad fuhr und nun einfach nicht rund mag. 
Gebe das Rad zurück. Komme zurück auf die Straße. Dass man mir die Freude über rollende Fortbewegung so ansieht - die junge Frau gegenüber, die ihr Lächeln aufblühen lässt und mit meinem um die Wette strahlt. Ich sollte das Rad doch kaufen.

Im Laden gibt es Erdbeerpflanzen, Kohlrabi und Salat. Ich suche aus und packe einen Karton voll. Der Weg in den Garten zieht sich. Wickle mein buntes Umschlagtuch um den Karton, großer Knoten und, ja, so läßt es sich bequem weitertragen. Pflanzenkistchen in gold und türkis gewandet.

Barfuß durchs Gras gehen. Löwenzahn stechen fürs Viehzeugs. Nesseln blühen lila, alles voll, violette Teppiche mit Hummeln, die im Tiefflug um meine Knöcheln brummen, als wollten sie mich umrennen. Frau Wespe testet, ob die Frühbeetkiste der Nachbarin für ein Nest geeignet wäre. Ich rate ihr eher ab. Letztes Jahr bauten sie im Betonmischer des Nachbarn, der das Nest mit einem Stock herausschlug und neben der Feuertonne zertrümmerte. 

Die Eichelhäher balzen und raufen und krakeelen zu fünft durch die blühenden Pflaumenbäume. Es schneit.

Auf dem Weg kommt mir ein lachender Hund entgegen. Doch, im Ernst! 

Der Eiswagen fährt wieder. Seine vollkommen unmelodische Klingel scheppert durch die Gärten. Sie klingt so schief wie sein langweiliges Eis in den billigsten pappeartigen Hörnchen. 
Wie ich unserem Eismann aus der alten Siedlung nachtrauere! Antonio. Für Jeden einen Spruch, Streusel, etwas Soße. Wer mal kein Geld hatte bekam auch etwas. Die Kinder umringten den Wagen, das Eis war frisch und gut. 

Am Markt steht ein krummer kleiner alter Mann und singt. Man hört, wie er sich die höheren Töne hinaufjault. "Man muss ihm hochhelfen" lacht die Marktfrau und hebt pantomimisch die Hände. 
"Er hat früher am Theater gesungen", erklärt sie. "Bis ihm die Luft nicht mehr reichte. Und jetzt singt er halt hier, für den Applaus."

Beim Fleischer nehme ich Leberwurst mit, Kalbsleberwurst, geräuchert. "Ach ja, des is unser beschdi", bekräftigt der Metzger.  "Die ess isch am liebschde mit Kardoffelchips. Echt. Müssen Se mol probiere. So vor'm Fernseher. Kardoffelchips in die Lewwerworschd dippe. Do kennt isch net uffhere! Probiere Se's mol. Un dann sache Se mer, wie's geschmeckt hot!" 


Dienstag, 28. März 2017

Herz. Tod. Blut und Silber.

I

durch dieses spaltbreit offene herztor
muss er sich zwängen         
kerl
ungeschlachter.

ein klotz
rüstungscheppernd und stinkend
nach schweiss und pferd
nach kampf und sieg und tod.

breitbeinig klotzfüßig trampelt
schrammt stößt schürft er sich durch die enge
verdunkelt das licht
diesen winzigen strahl
der schüchtern einfällt

stolpert durch herzhallen
spürt
schwerfällig und gerüstet wie er ist
nicht
wie den hallen die luft ausgeht
es dunkler wird
schiebt die schlechte sicht auf die enge des helms
luftnot auf den zerschundenen harnisch

wankt
sinkt in die knie
schwer
ein koloss
unförmig grob
gräbt sein gewicht scharfkantig eckig hart
ins weiche der herzkammer
stirbt keuchend
und erstickt in seiner rüstung
angehalten wie ein leergelauf'ner aufziehkäfer

nur noch
rot
hinter geschlossenen lidern
nur noch

rot

II

der ritter
sinkt zusammen
keuchend
gefangen in der herzkammer.
sterben wird er
festgeklemmt in der
herzklappe
sie öffnet sich und
zieht sich zu
eine pulsierende riesenfaust
zerdrückt den käfermann
schrumpft ihn
zu einem blechernen spielzeug
presst ihn wie die spinne im taschentuch
bis das gezappel aufhört

dann
das herztuch ausschütteln
kammer ausklopfen
leerfegen
vorsichtig aufpusten
und wieder
einsetzen


III

herzlaken aufschütteln
mit den fingern glatt streichen
und die tücher als leinwände aufziehen

mit schwarzer tusche  all den spuren nachwandern
den fäden, wegen, flüssen,
die dein herzblut genommen hat
wie es auf dem laken verlaufen ist
eingesickert angetrocknet
braunrot krümelig stehen geblieben in pfützen
rechts und links vom käfig der rippen
in blattmuster geflossen unter die hüfte

die spritzer, angetrocknete perlen
all die muster
ich ziehe sie nach
füge dem schläfrigen braunrot brennendes schwarz bei
auf dem blendenden weiss deiner herzleinwand
 


IV

aus meinem körperhaus
tropfen quecksilbersäfte
glänzend
stehen in perlen auf der haut
sammeln sich
in der kuhle am ende des rückens
rollen hinab
ein polierter rock der mir die beine umhüllt
zärtlicher tanzender schmiegender stoff
gleitet mir über die knie
giftig dünstend
sammelt sich in
silbrigen pfützen um ferse und zehen
spielt am knöchel

mich hinknieen
und mein gesicht im spiegel suchen
niedergleiten
mich legen
den kopf ins glänzende betten


der spiegel zittert
unter dem atem
ein segel
 


(c) Eva Becker, 28.3.2017. work in progress.







 

es frühlingt

Sonntag im Garten.
Trocknes Geraffel verbrennen


Die Pflanzen alle mit Namen und Handschlag begrüßen









Akrobat Brummselhummsel.



Das ist Madame vom Ast und Bruch - der Grund, weshalb wir den Garten ei.gent.lich nicht  betreten dürfen... sie schmeisst mit Holz.  Schlimmstenfalls wird sie dieses Jahr fallen.... der Nachbar soll sie fällen, sagt die Stadt, denn sie will es nicht selber tun. Vertrackte Situation: Der Gartenpächter hat einen Pachtvertrag, der alles an Pflanzen übernimmt, was im Garten steht. 
Aber die Ausweisung des Gebietes als Kleingartengelände ist jünger als der Baum. Kann / soll der Pächter für Bäume einstehen, die älter als das Gelände sind? Fraglich....
Sprich: Unser Verein legt sich mit der Stadt an - die sagt, nehee, wir sind dafür nicht zuständig. 
Und legt sich mit dem Stadtverband der Kleingärtner an (der alles Gelände von der Stadt gepachtet hat und an die Vereine unterverpachtet, die es parzellenweise an die Gärtner unterunterverpachten) und was sagt der Stadtverband? Dreimal dürft Ihr raten. Nehee, dafür sind wir nicht zuständig. 
Hallo?? Der Baum ist älter als das Gelände Kleingartenland ist, das Gelände ist aber seit jeher Stadteigentum - die wiederum quakt was von übertragener Verkehrssicherungspflicht und wendet sich mit Grausen ab. Und unser Nachbar, auf dessen Grund die große alte Pappel steht, hat keine Rechtsschutz und ist wahrscheinlich auch zu alt und krank, einen Rechtsstreit zu führen (den der Stadtverband locker finanzieren könnte, wenn der sich trauen täte, für den Verein gegen die Stadt zu klagen). Dummerweise scheinen wir das einzige Vereinsgelände im ganzen Stadtgebiet zu sein, das einen Baumbestand hat, der so viel älter ist, als die planerische Anlage des Kleingartengeländes.  Und große alte Bäume werden manchmal gefährlich unsicher. Es bleibt spannend. Bisher ist unserem Verein noch kein Durchbruch gelungen....

Vorfreude auf Rhabarbertorte. Schlotz.  

 
Und heute - Frühlingkram aufs Papier


... schnell damit zu Michaela, eh der März rum ist. Morgen ist Mittwoch....

Treibt's bunt!

Samstag, 25. März 2017

workshop. klappe. die erste.

Uff. Juchhhuu, ich leb noch. Mein erster workshop hat mords Spaß gemacht, den Damen auch (sagen sie jedenfalls), sie haben jede ein Büchlein / Buch im Langstich gewerkelt und wir hatten einen Vormittag alle Hände voll zu tun.
 
Gelernt: Drei Stunden sind zu kurz. Geodreiecke besorgen oder den Teilnehmenrinnen aufgeben mitzubringen. Darauf achten, dass fremde Ahlen sauber sind (eine Dame hat sich mit einer geliehenen Ahle 4 Seiten versaut, weil die Ahle Flugrost hatte. Mist.) 

Lustig: Wie die Augen bling machen, wenn aus all den Einzelteilen, den Aaahs und Ohhs und klappt nichts, dem wie geht das? und kannst Du mal schauen? wo soll die Nadel rauskommen? ein Buch wird, ja doch tatsächlich und sie haben es selbst gemacht. Hachz. Das macht Spaß. Wird im Mai wiederholt und für Winter haben sie gemeint, ich solle mal 3 oder 4 Samstage hintereinander was anbieten, als fortlaufender Kurs.  Oh wie ich mich froi! 

Und das kam bei rum: 








Ende Juni findet in Mainz die Minipressenmesse statt, eine Messe für Buchkünstler, Kleinverlegerinnen, Handpressen, Druckerinnen, Malerinnen, Künstler, Wortakrobaten und alles drumrum. Lesungen gibt's auch und das Ganze findet alle zwei Jahre statt.
Ich freue mich wie Bolle auf die Marmorierpapiermacher und handgeschöpften Papiere, auf jede Menge Freundinnen und Freunde und werde meinen Papierfundus fröhlich aufstocken. Und Bücher kaufen. Und neue Leute kennenlernen. Hachz.... 
Kommt von Euch wer?  


Nach dem workshop zog ich meinen zentnerschweren Handkarren wieder zum Bahnhof, unterwegs ein Sonnenpäuschen in einem kleinen Park mit un.glaub.lich viel Lerchensporn! 





Scharbockskraut blinzelt auch schon und ein Bienengesumm!


Zum Schluß noch ein Schmankerl aus dem Fundus meines Postsammelgatten - er sammelt sogenannte Ganzsachen, echt gelaufene Briefumschläge. 

Manchmal ist dann einer dabei mit so einem traumhaften Innenleben: 


 der ist ab 29.11.1897 unterwegs gewesen, von Porto nach Frankfurt.


Oder eine Frühlingsprägung: 


Veilchen, Farn und Maiglöckchen - ist das nicht ne Wucht? 12.01.1886 gelaufen!
 (von Erfurt nach Halle)

Treibt's bunt!

Mittwoch, 22. März 2017

römisches workout

Wir sitzen zusammen am Mittagsessen.
Mein Mann beömmelt sich über die Bewerbung der Tochter zum Schülerpraktikum bei einem Gartenbaubetrieb, die wir aufgepeppt haben mit dem Satz "im großen Schrebergarten meiner Familie arbeite ich seit Jahren mit" - und frotzelt, dann könne sie am Wochenende gleich mal mit in den Garten kommen. (Wann war sie zuletzt da? Vor 6 Monaten?)
"Und Du auch", wendet er sich an den Sohn, "Du kannst mir helfen, die Platten neu verlegen, es sind überall die Mäuse drunter. Männerarbeit."
"Jo", zuckt der so Angesprochene zustimmend die Schultern, "kann ich machen."
Ich gucke meine Familie an und werfe ein, "aber nur mit Helm!"
Die Kinder "Wieso?"
"Weil wir den Garten nicht betreten dürfen. Die Pappel auf der Grenze wirft ständig Äste ab, große, es darf keiner was auf den Kopf kriegen, sonst ist der Verein dran".  "Aha", sagt der Sohn.
Die Tochter grient. "Wir nehmen Schilde mit."
"Geht nicht", sagt der Bruder. "Dann musst Du mit einer Hand den Schild festhalten und kannst nicht arbeiten."
Ich: "Du kannst den Schild auf den Rücken binden. Das geht."
Sohn: "Ob das Landesmuseum uns Schilde leiht?"
Ich: "Wir nennen es Kurs in Experimentalarchäologie. Römische Legionäre beim Ackerbau." Prust.
Vier Leute sitzen lachend um den Tisch und stellen sich vor, wie sie mit Wikingerhelmen und Römerschilden durch den Garten krauchen, immer mal macht's "döng" wenn ein Ast auf Blech knallt. "Gartenarbeit in Rüstung ist besser als ein workout mit Hanteln" - wir sinnieren über Vermarktungsstrategien und wie wir die Museen oder die Leute, die bei jedem Event dieser Stadt als römische Legionäre rumlatschen, dazu kriegen, uns die Schilde zu borgen.

Wir holen den Nachtisch.   


Pflanzen und 5-Min-Collage

Samstag gebe ich meinen allerersten Buchbindekurs. Ich bin aufgeregt. Staple Papiere, suche Umschlagpapier zusammen, fleddere noch Papiermusterbücher.  Habe ich alle Musterbüchlein? Wo ist Wachsbatikstoff? Will noch ein kleines Heft mit Langstich machen und sitze davor wie Depp - mir fällt der Langstich nicht mehr ein. Geht's noch?! Also wieder aufziehen, von vorne und nochmal. Tutorial suchen. Kopf schütteln. Aaah! Okay. Klappt doch. 

Da das Wetter grade zum Davonlaufen ist oder Auswandern oder im Bett bleiben, gucke ich den Frühling mit der Kamera bei...



Die Traubenhyazinthen im Blumenkasten färben sich schon. Sie eilen sich, eh die Minze sie wieder überholt.


Der Estragon treibt aus wie ein Irrer. Den Schnittlauch hab ich im Supermarkt mitgenommen. 


Mein allerliebstes viele Jahre altes Alpenveilchen wird grade von einer Blattlausinvasion geärgert. Ich sprühe Schmierseifenwasser. Es versucht tapfer zu blühen. 



Die Christrosen haben ihre Gärtnereitöpfe schier gesprengt. Umgetopft blühen sie unverdrossen seit bald 3 Monaten. 



Die Kinderstube protzt und treibt. Kürbisse, Tomaten, Salat und sogar Pepperoni und 2 Auberginen gucken raus! Ich bin baff. Die eilen sich alle so. Dabei ist draussen eklig, nass und kalt!


Uta hat mir ein indisches Hühnchen geschickt. Ich bin ganz hach. 





Mein lieber Mann hat am Wochenende unseren trotz Astbruchgefahr zu betreten verbotenen Garten umgewühlt und ein paar Zweige Blühzeug mitgebracht. 


 


Und eh der Monat verstrichen ist, muss ich noch ganz schnell die 5-Minuten-Collage legen! 



Schnell damit zu Rösi!
Teigschaber, Gabeln, Kinderlernessstäbchen und Stanze sind mal wieder aus dem unerschöpflichen Fundus der Japandirektimporte...., der Rest erklärt sich von selbst und die Blättchen hat ein Freund bei unserem Umzug vor 6 Jahren liegen lassen und keiner wirft sie weg. Sie warten nach wie vor in der Küche auf ihn.... Kennt Ihr das auch? Da liegt was rum, was keiner der Familie benutzt, aber weggeschmissen wirds auch nicht. Vielleicht sollte ich eine Minigirlande draus nähen. Hust. Lach. neinmachichnicht.

Für Mano noch der Versuch, die Anleitung für das Doppelheft von Eli aufzuzeichnen, vielleicht wird's so klarer, wie die Bindung funktioniert.... Dummi falten und nähen hilft noch am besten. Hab kein Video gefunden.  2 Lagen, ein Umschlag (grün)





 Treibt's bunt!


Freitag, 17. März 2017

(Kritzel)geschichten


Ich hab ganz wunderschöne Post an mein LegDasKnieHoch-Lager bekommen. Hachz. Muss ich jetzt zeigen, grins, freu.  Von Eva childhood memories.








Liebe Eva, vielen Dank! 

Da rappelten in meinem Kopf ja gleich Erinnerungen los! Bei Elvira hab ich eine Art Bindung gesehen, die ich gleich mal nachfalten musste (sonst hättichse nicht kapiert...), die gefiel mir gut für ein eignes childhood memory doublebook:









Wenn man es umdreht, fängt eine zweite childhood memory story von der andern Seite an. (zeig ich jetzt nicht)

Claudia hat mir eine Sysiphoskarte geschickt und fantastisches Papier!




Das leuchtet! Schee. Danke! 

Sie tauscht grade Märchenprinzen, über die ich ja so was von lachen musste.
Da wollte das Regenmädchen auch einen! Okay, dachte ich. Kannste haben...
 






Treibt's bunt!