Ich radle Richtung Nordwest
Vor mir flammen Fenster auf
Stück um Stück in Brand gesetzt von Licht
Hinter mir die Sonne
Ein Keil aus 16 Gänsen zieht über meinen Weg
Krähen leuchten kupferfarben auf
Guten Morgen
Ich radle Richtung Nordwest
Vor mir flammen Fenster auf
Stück um Stück in Brand gesetzt von Licht
Hinter mir die Sonne
Ein Keil aus 16 Gänsen zieht über meinen Weg
Krähen leuchten kupferfarben auf
Guten Morgen
Sonntag mit Sonne. Der Mann ningelt, "lass unterwegs sein".
Am Tag vorher waren wir zu einer Totholzführung im OberOlmer Wald angemeldet. Jedoch: Demo, Strassensperrung, Busverspätung, schliesslich liefen wir von der Bushalte wieder heim, weil wir nie und nimmer auch nur halbwegs pünktlich hätten dort sein können.
Nun also Sonntag. "Lass uns doch zum OberOlmer Wald fahren", schlage ich vor. "Vielleicht klappts ja heut." Spoiler: Nö.
Die Verbindungsauskunft der app stimmte nicht annähernd mit den Angaben der Bushalte und Umstiege vor Ort überein. Schließlich standen wir ohne Anschluss halbwegs in der Pampa.
Und stiefelten ein paar wundervolle sonnige Stunden in den Streuobstwiesen um die Alte Ziegelei herum, (be-)suchten unsere alte Gartenanlage, sammelten Dotzäpfel und Nüsse, zockelten gen Hechtsheim, galoppierten gegen abend zum Bus und rumpelten glücklich heim.
Dachten wir. Bis zum Aussteigen. Zerr und schnapp, sagte die Sehne an der Hüftprothese und die nächsten Stunden und Tage waren Humpeln, Ibu, Bettflasche, fluchen. Hässlich. Schmerzhaft.
Heute ist wieder gut.
Morgens um 10 vor 9 stehe ich am Gartenverein. Nach zwei verregneten Tagen und eine halbe Stunde vorher wars auch noch mal nass. Noch kein Mensch da.
Ich habe Arbeitseinsatz, wie jedes Vereinmitglied, einmal im Jahr 4 Stunden.
Ich radle in meinen Garten, packe Eimer, Schere, Handschuhe, Kniekissen, keine Ahnung, was heute ansteht, aufs Fahrrad, radle wieder runter zum Vereinshaus. Niemand zu sehen. Komisch. Der Parkplatz war auch komplett leer. Rufe schließlich einen vom Vorstand an. Oh, kommt, ein lahmes, stimmt, wo Du es jetzt sagst.... Du hättest ja auch Einsatz gehabt heute. Wir haben gestern abend alle angerufen und abgesagt, weil es so nass ist.
Danke auch, sage ich, höre mir noch an, dass ich in 14 Tagen oder 4 Wochen kommen könne, wünsche nen schönen Samstag und lege auf. Radle wieder in meinen Garten. Hmpf. Wo ich schon mal da bin. Hmpf. Ja, es ist nass. Na und?
Stiefle erst mal in diverse Beete, sammle Zucchini, zähle den Nachwuchs (5 gelbe noch und 2 grüne), nehme bedauernd die letzten geplatzten Tomaten runter. Fange gedankenverloren an, die zähen Grasbündelchen, die im Thymian stehen, herauszuzupfen, was super geht weil unser Sandboden nass toll krümelig ist. Eh. Okay. Eimer, Kniekissen, Sack. Nach beinah zwei Stunden bin ich einmal um und durch das zugewachsene Kräuterbeet gekrochen gezupft und gewurschtelt, die Füße sind patschnass aber warm, die Hände und Unterarme ziemlich schlammig, die Laune gut, es wird wärmer, ein Hauch Sonne funzelt durch die Wolken. Sammle Äpfel, Trauben, steche ein fettes Bündel Löwenzahn fürs nahe Tierheim, lade mein Fahrrad voll. Kräuter, Blumen, Mangoldblätter groß wie Zeitungseiten. Hände waschen. Abschliessen. Tschüss Waldschaben, Wildbienen und Heuhüpfer, tschüss Himbeeren, Quitten, Astern.
Hallo Tierheim.
Guten Morgen zuhause. Zweites Frühstück.
Kurz vor knapp wie meistens.... nun also
Eulen malen
Giovanni Luigi da Palestrina hören
Käse essen
Eulen malen
Und vor mich hin knöttern, weshalb die besten Entwürfe immer auf dem schlechtesten ungeeignetsten Papier landen.
Weil als Entwurf gedacht und dafür nimmt Frau ja nicht das Skizzenbuch. Pffft. Würde ja einem Entwurf eine Wertigkeit zugestehen. Sondern den ollen Pappedeckel eines Collegeblocks. Hrrrmpf.
Käse essen
Oilen malen
Repeat.
regen
ich eile durch die stadt
beschirmt mit tupfen
pfützen malen kringel
vor der arztpraxis die montagmorgenschlange
bein - fingerkreis - und zauberwort
ein klatschen
schau! da stürzen sie, gewirbelt durch den regen
fallen ins himmelsgrau
krähen stieben schimpfend
das schreckgeschrei verweht schnell im verkehr
wer schaut denn schon nach oben?
besonders wenn es regnet -
ein bunter firlefanz am himmel
auf die straße stürzen
ein, zwei schirme, tasche, schuh und brille, mützen
schnell, geh vorbei,
dass niemand ein verdacht ...
die frau?
auf einem beim?
wer hat geklatscht?
dort liegt
ein regencape
das mit dem wind
aufbläht und matt in sich zusammensinkt
es atmet noch
Fassung II 1 Tag später
verhext
regen
ich eile durch die stadt
beschirmt mit tupfen
pfützen malen kringel
arztpraxis mit montagmorgenschlange
drachenschwanz
halt inne:
bein - fingerkreis - und zauberwort
ein klatschen
schau! da stürzen sie, gewirbelt durch den regen
fallen ins himmelsgrau
krähen stieben schimpfend
das schreckgeschrei verweht schnell im verkehr
wer schaut denn schon nach oben?
besonders wenn es regnet!
ein bunter firlefanz am himmel
auf die straße poltern
ein, zwei schirme, taschen,
brille hängt im baum und eine mütze
schnell, geh vorbei,
dass niemand ein verdacht ...
die frau?
auf einem beim?
wer hat geklatscht!
dort liegt
ein regencape
das mit dem wind
aufbläht und matt in sich zusammensinkt
es atmet noch
https://linktr.ee/sropt.media?fbclid=PAZXh0bgNhZW0CMTEAAac-Io6WF9l83gG22iWHYwv5P4XZeow4-d-sZu0JUcG8KA8ZMoMH8hAuE3PaDA_aem_iLK4oM-EDSC23Fgszd5-AA
link zu Francesca Albanese und Publikationen
https://globalsumudflotilla.org
https://www.thamra.org/
Ärzte ohne Grenzen
Aktion gegen den Hunger
Gaza Sudan Jemen Malawi Afghanistan
so ganz haut's a net hin mit den 30 tagen am stück.
hat jemensch was von am stück gesagt?
eh, nein.
na also.
die woche: anstrengend. nicht der übliche jobdriss, der ist a normal und geht in wellen und wieder vorbei. nein. emotionaler driss. heftig. ärger und frust, ohnmacht und wut, verletztsein und absichtlich missverstanden werden, ohne anerkennung/gegenleistung/respekt ausgenutzt benutzt werden, all das schwappt der engagiertesten frau, die ich kenne "zum dank" ins gemüt um die ohren, weil ne person in der hierarchie eins darüber sie triezt , ärgert und triggert. triggert auf fieseste art. mann. macht. weil sein ganz privatsubjektives minderwertigkeitsgefühl - unterlegenheitsgefühl - nenns wie du willst , umschlägt, ohne impulskontrolle, in angriff. und das team das abfedern muss, um zu überleben. um die frau zu halten, stärken, schützen. wir leiden mit. wüten mit. ohnmachten mit. stärken uns. halten uns. bauen uns auf.
aber es kostet so verdammt viel kraft.
mich bringt es immer wieder an den rand des erträglichen. zerlegt mich, meine konzentration, mein denken, mein fühlen, mein in meiner mitte sein. haut mich aus der bahn.
freitags nachmittags verziehe ich mich in der garten. mich erden. einen sack voll unkraut rausnehmen. mit dem freischneider mähen bis 2 akkus leer sind. den kopf leer machen beim händetun. drei stunden.
so ganz hilft es nicht, wird aber besser. diese art stress bleibt in meinem innern. verknotet den bauch, klotzt im magen, zieht die schultern hoch, die tics und muster selbstberuhigender selbstverletzung seit kindertagen poppen auf. mein inneres wie eine straff gespannte saite, sirrend, unter zug.
***
abtauchen in das gold und den duft kleiner (zier)quitten, das blau von borretsch und zweiter ochsenzungenblüte, das strahlende goldgelb der topinamburblüten, die den hinteren teil des gartens an hohen ineinandergeneigten stengeln in eine kratzige sperrige leuchtende wildnis verwandeln. wer mit der schubkarre durchmuss, erntet kratzende schrammen, blutend bisweilen. grün und kreischend rasen die sittichschwärme vor einem himmel, so knallend septemberblau.
montag schon ist tag-und-nacht-gleiche. gehe ich durch ein jahr an diesen dreimonatsabschnitten entlang, herbsttagundnachtgleiche, wintersonnwend, frühlinggstagundnachtgleiche, sommersonnwend, wird mir immer bewußt, wie kurz diese abschnitte sind (und wie kurz ein jahr) - denn, sei ehrlich, dreimal 4 wochen, das fliegt.
und mit dieser erkenntnis, wie kurz eine woche, ein tag, ein quartal sind, ein jahr, wie schnell "ach schon wieder vorbei" - kann ich den stress loslassen, in seine schranken tun. (okay, ohne garten, bimsstein und handcreme ginge es schwerer, aber, ich besaufe mich nicht, fresse keine tabletten, schlage nicht meine liebsten)
irgendwann gestern abend, als es mich noch ziemlich zerlegt hat, kam der satz hoch
weshalb räumst du dem (typ/dem stress/den gedanken an die situation) so viel raum ein
letztendlich: so viel macht.
entmachten.
du hast keine macht über mich. du hast keine macht über mich. du hast keine macht über mich.
danke fürs zuhör'n in form von lesen. und nein, bitte schreibt mir jetzt keine gesundheitsratschläge und entspannungstips auf. bitte.
ich erinnere mich als kind in den mantelabteilungen großer kaufhäuser immer mit größtem genuss zwischen pelzmänteln herumzuschlüpfen.
ich verstand nie, weshalb fell und pelz aussen war. ich hätte es innen gewünscht. die vorstellung mich unbekleidet in einen pelz zu hüllen, das fell auf meiner haut zu spüren.
ich erinnere mich an den ozongeruch im katzenfell, wenn unsere katze an wintertagen von draussen kam. mein gesicht in ihren pelz vergraben.
ich erinnere mich je älter ich werde desto schwächer an den geruch im haus unserer freunde. 3 kinder, die kreuz und quer frühstückten, taschen packten, ich stand dabei und wartete, holte einen oder zwei zum gemeinsamen schulweg ab. im haus der damals obligatorische partykeller. im flur am treppenabgang vorbeigehen und diesen so dieses haus diese familie definierenden geruch einatmen. vor ein paar jahren noch hatte mein olfaktorisches gedächtnis den geruch abrufbereit.
langsam verblasst er.
kleine pause.
ein paar tage unterwegs im schönen braunschweig - danke mano für deinen post über das magniviertel, da isses soo schön!
eine stadt mit viel grün, viel radwegen, einem tollen botanischen garten. alte freund*innen wiedergetroffen, neue menschen kennengelernt. viel herumgelaufen in den falschen schuihen, nun wieder büro, unterm tisch die schuhe ausgezogen, blaugestupsten zehen freiheit schenken. soifz.
die weltlage hat sich nicht verbessert in der zwischenzeit.
....................................
das gefühl beim einschlafen
bewusstsein driftet davon. ich sinke tiefer. kurz vorm loslassen ein geräusch von aussen, das erst ausgeblendet, dann ningelig wird, bewusstsein an einem sehr dünnen faden laangsam nach oben zieht, den ganzen körper widerwillig wie nasses segeltuch aus dem traummeer hochholt, stetig, ohren auf hören, kopf auf gehörtes einsortieren zerrt, wahrnehmung einschaltet, unten schlafmeersog, oben langsam zähes ingangsetzen, am faden rutscht mein ich hoch oder tiefer. geht das geräusch weg, sinkt das segeltuch wieder ab in die tiefe, bereit, von träumen umweht, beschriftet zu werden, zu verschwinden in tangwäldern sich überlagernder verwirrender bilder, verschwimmend, taumelnd, wiegend in strömungen, die nur der schlaf kennt.
am morgen nach dem regen kleben zwei abgerissne papierhenkel tütenlos und halb plattgefahren auf dem asphalt. deformierte flipflops einer ausgesprochen großfüßigen gestalt, die es überraschend aus den schlappen gehauen hat.
am abend verkohlt uns eine kamikazemotte auf der herdplatte. es raucht. der mann flaxt "brennende motte im abendrot" und schnipst sie beiseite.
ich deklamiere feierlich "brennende motte im abendrot. ein gemälde aus dem nachlass von karl emanuel hotzenbümpf. karl emanuel hotzenbümpf ist der wohl bekannteste vertreter der 'niedersächsischen moderne' aus dem jahren 1972-73. einem malzirkel, zu dessen engstem kreis auch liselotte loh und josef weintraub gehörten.
die drei bildeten für wenige stürmische monate die später so genannte 'brennende künstlerkolonie schafhauser hüttchen' bei folstenhausen (vor der eingemeindung). an einem herbstabend bei einem komplett bekifften gruppentreffen eskalierte ein streit um eine tube chromweiss derart, dass dank des gebrauchs von joints und terpentin alle künstlerhütten komplett abbrannten. karl emanuel hotzenbümpf malte in erinnerung an jenen denkwürdigen septemberabend das hier vorgestellte gemälde, weil er, wie er oft erzählte, im bekifften kopf die umhersegelnden ascheflocken hunderter skizzenblätter für brennende motten hielt und singend darunter herumtanzte, bis ihn die ortsfeuerwehr folstenhausen mit einer hochgradigen rauchvergiftung ins kreiskrankenhaus eingeliefert hat. ursprünglich war das gemälde als geschenk für die notaufnahme des kreiskrankenhauses gedacht, die es aber als zu makaber ablehnte. "
"boah stinkt das!" ningelt der mann dem ascheflöckchen hinterher.
fußnote: liselotte loh wandte sich in ihren späteren jahren dem kunsthandwerk mit lötkolben brandverzierter holzbrettchen zu. josef weintraub wanderte in den achtziger jahren nach nordfinnland aus und malt seitdem nur noch in weisstönen.
dies ist ein FLUSS.
in den sprachen indigener nordamerikas (danke robin wall kimmerer) wäre die bezeichnung eher fliessend sein.
keine subjekt/objektbezeichnung wie im deutschen oder englischen, sondern ein verb.
ein tu-wort.
etwas, was (sich) bewegt. in beziehungen steht. was nicht nur sich bewegt. berührt und berührt wird.
nährt und genährt wird.
(wie) spürt ein fluss sein fliessend sein, wenn er eingesperrt zwischen steinernen rändern geführt ist, keinen kontakt hat zu baumwurzeln, der fischbrut, die sich im seichten uferwasser tummelt, froschlaich, jagenden raubfischen in kolken, ohne tangwälder, durch die er hindurchstreicht.
(wie) spürt ein fluss dieses bewegende bewegte fluss sein, wenn er überwärmt wird, tote wasser lebendigeres verschmutzen vergiften verdünnen , ihn chemisch und physikalisch verändern
wo verliert er dieses lebende in bewegung sein, in bezug sein mit ufer pflanze und tier, wo ufer fehlen, deren bäume kühlende sprenkel werfen , böden fehlen, die er schwemmen kann, die er mitträgt oder mit sediment beschenkt, zuflüsse fehlen, mit denen er tanzen kann, freudig, sich vermengend, lebend.
zu wieviel prozent bestehen wir aus wasser.
wann begreifen wir flüsse als mitsein, als mitwesen. non human people. und nein, das ist nicht im mindesten 'esoterisch' oder so 'ökoversponnen'. im gegenteil. es ist existenziell. wir sind verbunden. und überall dort, wo diese verbundenheit geleugnet und zerstört wird, gefährden wir alles.
regen.
vorher der wind, der ihn ankündigt. in den ritzen der klotür orgel spielt. türen knallt. die bäume schüttelt und mir in der küche vom balkon her blättchen wilden weins hereinweht.
dann einzelne tropfen, schnell ein rauschen. döng macht ein einzelner tropfen, der vom oberen balkongeländer auf die rostige konservendose platscht, die auf einem stöckchen , seit jahren tauben abwehrend in meinem blumenkasten steckt. döng.
wenn die wilde grüne wand aus wein im sommer verblüht - das wispernde geräusch mit dem hunderte blütenblättchen herabrieseln.
abends am fluss. zärtlich titschernde kleine wellen, kies, muscheln und sand vor sich her und wieder zurück schiebend. das unablässige pitschern und tropfen fingergroßer silbriger fischlein, die mückchen fangend aus dem wasser schnellen, in endlosen wasserkreisen wieder zurückfallen. ein glitzernder tanz in der dämmerung.
gänse und enten sammeln sich an den schlafplätzen, putzen sich, gefieder wird gefettet und raschelnd zurechtgerückt.
am morgen und abend die krähen in ihren schlafbäumen. quacksendes kwietschendes schnurrendes kakelndes vogelpalaver.
in der pappel im garten sammeln sich am abend stare. du siehst sie nicht. nur wenn einer mit seiner charakteristischen flügelform vor dem himmel flattert. vögel in allen zweigen. 15, 20 minuten lang ist der gesamte baum erfüllt von ihrem geplauder.
abgelöst werden sie von den halsbandsittichen, die, grüne kreischende geschwader, durch die gärten fliegen.
wer aussser mir hört das sirrende rauschen in meinem kopf?
vergessen sonnntag hochzuladen.
tanzen in einem raum mit schwingboden
hinlegen und spüren - musik und das beben des bodens je nach bewegung meiner mittänzer:innen unter und in mir
anlehnen an die wärme einer sandsteinwand. am liebsten würde ich hineinsinken, meine haut in den körperwarmen stein einschmelzen einfließen lassen und darin verschwinden.
mein gesicht mit geschlossenen augen in den nebel des gartenschlauchs halten
im hof meines sohnes ein moosnest. insekten wohnen darin, unter meiner hand vibriert es ganz leise.
meine hände auf die rauhe duftende harzige rinde von kiefern pressen, bis sich rindenmuster und klebriges harz in meinen handflächen abzeichnen. skin of non human people.
bei den sandbänken in fluß waten. immer wieder wird der rhein unterschätzt, die strömung ist stark und reisst auch geübte schwimmende fort. kreist in der nacht der hubschrauber über dem fluß, wissen wir, da hat wieder jemand besoffen zu baden versucht. diesen sommer sprang sogar ein mann von der theodor-heuss-brücke. KEIN selbstmordversuch.
an glühenden tagen, wenn der fluss niedrig steht, reichen die sandbänke hinter laubenheim bis weit über die mitte des stroms. der schiffsverkehr findet drüben statt, auf der hessischen seite.
durchs wasser gehen, von sandbank zu sandbank. um die knöchel der rhein. erst kühl, dann wieder körperwarm, kühler, plätscherig niedrig, bis zu den stellen, wo er mir an die hüften geht, ich in die hocke gehe und nass wieder hochkomme. im sonnenlicht stehen bleibe, abkühlend. schaue den vögeln zu, die sich auf anderen sandbänken sammeln. der sog, der an den beinen schubst, mit dem das wasser mich hebt, sobald ich es zulasse. vorsichtig. treiben lassen bis ans andere ende der sandbank. sehe den kindern zu, die, mutiger als ich, an tieferen stellen schwimmen und tauchen. kommt ein frachter vorbei, schaukeln wir genüßlich in und mit den rollenden kielwellen.
setze ich die brille ab, ist es fast wie am meer.
spüren. spuren.
was ich spüre, berühre, anfasse, betaste, wiege, hebe, befühle, mich verletze, verbrenne, verbrühe, streichle, zwischen den fingern zerreibe, kose, ribbele, kratze, kraule und raufe. wie ich spüre gräbt tracks in meine nervenbahnen, vertieft sie oder bildet ganz neue. lernt alte verlernen. zieht spuren im nervenendengewitter. die einen verglühen ganz schnell, andere leuchten.
mir gefällt die vorstellung, dass was ich mit den dem aussen zugewandten teilen und flächen des körpers haptisch erfahre im hirn leuchtende funkelnde knisternde aufglühende spuren und wege zieht.
auge
schnell schnell gucken lesen zappen scrollen
schnell schnell
schalt mal runter
sieh
den klecks glitzerkleber auf asphalt, der grünblau schillernd den boden zum leuchten bringt
einen pinsel, verloren gegangen, hey, der ist schön - ich laufe den rest des abends mit einem pinsel im haarknoten herum
morgens auf dem weg am fluß sonnenlicht in silbersprenkeln auf dem wasser
weisse federschiffchen, möwen, schaukeln mit der strömung
ein kormoran taucht ab
die schwäne, die an der marina ihr revier haben, dümpeln wie dicke federkissen
ein angler
meine unbekannte bekannte radfahrerin, der ich fast allmorgendlich begegne, wir fahren in entgegengesetzte richtungen, sieht mich drehend und dehnend unter der trauerweide stehen und hebt grüßend die hand
eine junge frau trägt rosa kopfhörer mit katzenöhrchen
an einem andern tag eine schülerin im bus, rosa cropsweat, rosa joggbermudas, rosa socken, eine grasgrüne kniebandage und die löckchen über der stirn in zwei akkurate kringel gedreht, anmutig wie eine flamencotänzerin
abends im sand auf der lichtung stehen, in der zeit, die das licht braucht, bäume, wiesen und wege von grün und braun und gelb in scherenschnitte vor flammendem westhimmel zu verwandeln, drüben ein halber mond und die fledermäuse sausen zick zack jagend um uns her.
augen schliessen und auf den regen lauschen
Sinne
sinnlich
senses
sensual
sensitiv
ich möchte wieder schreiben und ich möchte eine kontinuität entwickeln (die ich gelegentlich in meinen tagebüchern habe, aber auch da gibt es brüche und pausen) und ich möchte konsistent bleiben.
wie wäre es mit den sinnen. schreibe entwickle denke nach über sinne. wahrnehmung. fühlen. riechen. schmecken. hören.
gleichgewicht.
gestern ein termin mit sohn und architekt im alten häuschen, das ein kondensfeuchteproblem hat, im winter schimmel bekam an zwei aussenwänden und seltsames mycel unter der plane, die den fußbodenbelag vom asphaltestrich trennt. wir haben diverses besprochen und ein paar szenarien, wie man am besten weiter vorgeht, entworfen.
später fragte ich herrn b ob er uns bei der regenrinne bzw dem überlaufenden fallrohr helfen könne. wir standen draussen, er löste schrauben, r. stieg aufs kellerdach, löste die anderen schellen.
ich stand unten und sah senkrecht am giebel hoch, auf dem die sonne stand. leuchtender putz. blendend hell. darüber ein herbstblauer himmel - septemberblau - mit ein paar frisseligen verwehenden weissen wolken in fetzen. ich spürte, wie mich die bewegung der wolken, die leise hinter dem giebel verschwanden, narrte. zu narren begann. gleichgewichtssinn. verwirrt durch den anblick von verschwindenden wolken hinter einem statischen gebilde und das gebilde beginnt zu wandern. zu ziehen. das haus zieht. nicht die wolken. es schiebt sich hin zu mir. ich biege mich weg. möchte nicht fallen.
ich denke an christof ransmayrs buch der fliegende berg, in dem er erzählt, wie die einheimischen die berge betrachten, die hinter wolken verborgen sind und gelegentlich auf und wieder abtauchen. fliegende sind. fliegende berge, die sich vielleicht entscheiden auf einem rücken der erde platz zu nehmen und sichtbar zu werden. wenn sie nicht sichtbar sind, weg sind, sind sie fort geflogen.
ich denke ich werde öfter auf dieses buch zurückkommen. zu vieles darin hat mich tief berührt.
diese verwirrnis jedoch, gestern nachmittag, einen moment lang, ehe ich den kopf abwandte und den nacken ausschüttelte, um dieses seltsame nein nicht bedrohliche aber sinnverwirrende gefühl loszuwerden abzuschütteln, den blick wieder an festem auszurichten, boden, pflastersteine im löwenzahn, das fallrohr in meiner hand, mich erde.
am nächsten morgen fahre ich bus. was ich selten tue, aber mein rad steht noch am bahnhof, ich muss es holen um damit zur arbeit zu fahren. wenn der bus über die kopfsteinpflaster hoppelt, rumpelt es. ich spüre es in meiner wirbelsäule, meinem magen und in meiner blase. denke an den fliegenden berg und dass ich anfangen muss.
schreiben.
aufmerksam bleiben.