Sonntag, 14. Oktober 2018

Was bedeutet Dir Europa?

Jetzt gilt’s: Was bedeutet Dir Europa? Wie würdest Du Europa gestalten, wenn Du die Chance dazu hättest? Hau in die Tasten – wir freuen uns auf Deine Gedanken zum #SalonEuropa!

Eine Blogparade des Museums Burg Posterstein. Danke, Astrid, für den Tip!  

Wenn ich Europa gestalten könnte, wäre mir das wichtigste, offene Grenzen zu schaffen für geregelte Zugänge, geregelten Zuzug. Nicht nur für EU-Bürger! Keine unwürdigen Lager und menschenverachtendende zynische Abschottung. Im gleichen Zug Gesetzgebung, die Transparenz fördert, gegen Korruption vorgeht, gegen Geldwäsche, gegen Steuerhinterziehung, gegen Wirtschaftslobbyismus. Ich möchte kein alle Türen alle Tore auf. Ich möchte eine gerechte Beteiligung aller europäischen Staaten an der Aufnahme aller Menschen, sei es aus beruflicher Zuwanderung, Migration, Flucht, die nach den gesetzlichen / humanitären Vorschriften aufgenommen werden müssen und nach den Gegebenheiten der Staaten aufgenommen werden können. 
Der zwischenstaatliche Austausch ist zu fördern, an Wissen über Umweltschutz, an Wissen über Anbaumethoden, über Graswurzelorganisationen, über Sozialwesen, über Pädagogik, über Glasfaser, über sichere Internetkommunikation, über Verfassungsschutz, über Menschenrechte, über Korruption, über unbestechliche Polizei- und Staatsapparate, über Ökolandbau, Gentechnik (Liste beliebig fortführbar)

Ich wünsche mir eine Stärkung des Gedankens, dass kein Land in Europa eine Insel ist, sondern verzahnt - weder die Folgen von Raubbau an der Natur, noch Klimaveränderungen, weder die Folgen eines atomaren Unfalls noch die eines Ölpipelineunfalls machen an Staatsgrenzen halt. Ein vergifteter Fluss, der durch fünf Staaten Giftfracht trägt, muss Alle gemeinsam zum Handeln bringen. Diese Region ist verzahnt! Ein Kontinent. Uns ist rein geographisch Polen, Litauen, Russland, Finnland, Türkei und Georgien näher als Amerika. Wann geht das in die Köpfe? Auch Marokko und Tunesien und Algerien sind Spanien näher als Amerika. 

Klar geht Klimaschutz nur global, wie vieles andere global gedacht werden muss. Aber die Wurzel, der Same liegt in der kleineren Einheit. Und die wäre nach den Einzelstaaten Europa. 

Wir reichen Länder in Europa sollten endlich von unserem hohen Roß herunterkommen und andere Standpunkte anhören, ernstnehmen, anerkennen und LERNEN, als nur die von Amerika und unsere eigenen deutschen als das Maß aller Dinge zu nehmen.
Wie gehen afrikanische Länder gut und friedensstiftend mit Binnenflüchtlingen um? 
Wie funktioniert Pflege und Schulbildung in Finnland? 
Wie geht lebenswertes Leben in Städten ohne die deutsche Automobilabhängigkeit? 
etc.
 
Ich wünsche mir Schüleraustauschprogramme weg von London und Paris hin zu Rumänien, Estland oder Bulgarien. Ich möchte jeden Tag etwas über diese und andere europäische Länder in den Nachrichten hören. Was können die dort richtig richtig gut?  Wie leben sie? Wir wissen weniger über estnische Orchester, rumänische Medizin, lettische Krankenversicherung (beschissen) oder tschechischen sozialen Wohnungsbau als über die ständigen Themen der Rechten in Ungarn, Österreich, Deutschland. 
Ich wünsche mir einen Ruck, der durch die Berichterstattung geht, den plärrenden Rechten einfach mal KEINE Plattform bietet, sondern über ganz alltägliche positive Vorgänge in den europäischen Nachbarländern berichtet. Auch über positiven Umgang mit Flüchtlingen. 
Indem wir das Narrativ ändern, ändern wir die Wahrnehmung. 

... das wär mal was: Statt dem neuesten Tweet von Trump die Fachmesse für Bautoffe, Technologien und Ausrüstung in Klaipeda besprechen.

Wir können nicht weiter auf Wachstum setzen, weil endloses Wachstum diesen Planeten zerstört und damit UNS ALLEN die Lebensgrundlage kaputtmacht. Wir müssen begreifen, dass Alles mit Allem zusammenhängt. Ausbeutung ärmerer Staaten bringt "Wirtschaftsflüchtlinge". Lieferung von Waffen in Kriegsgebiete bringt Kiegsflüchtlinge. Nichteinhaltung der CO2 Grenzen bringt Dürren / Überschwemmungen und weitere "Wirtschaftsflüchtlinge". 

By the way: Ich wünsche mir eine Abschaffung der inflationären Benutzung des Wortes Wirtschaftsflüchtling - wer weggeht, weil sein Grund und Boden verdorrt und die Menschen verhungern, ist kein Wirtschaftsflüchtling. Wer weggeht, weil die Korruption im Land gutausgebildete Akademikerinnen und Bürgerinnen nicht in Lohn und Arbeit bringt, ist kein Wirtschaftsflüchtling. Wer weggeht, weil im eigenen Land keine Ausbildung möglich ist, ist kein Wirtschaftsflüchtling. Wer weggeht, weil ihr und ihm das Land unterm Arsch weggebombt wird, ist kein Wirtschaftsflüchtling. Wer weggeht, weil Monsanto und Konsorten die Bauern in Knebelverträge zwingt, die Böden kaputtgehen und die Menschen nicht mehr ernähren können, ist kein Wirtschaftsflüchtling. Wer weggeht, weil die großen Trawler die Fischgründe leerfischen und die angrenzenden kleineren ärmeren Staaten, die vom Fischfang leben, zusehen müssen, wie ihre Fischer verhungern, ist kein Wirtschaftsflüchtling - sondern in allen Fällen ist die Abwanderung dieser Menschen eine direkte und indirekte Folge von Kolonialismus, Neokolonialismus, Kapitalismus und dem westlichen Lebensstil auf Kosten Anderer. (By the way: Migranten überweisen 3-mal so viel Geld in ihre Entwicklungsländer zurück, wie die reichen Staaten Entwicklungshilfe leisten. Quelle: Perspektive Daily. das Beispiel betrifft Afrika und damit auch die Frage des Umgangs mit afrikanischen Wirtschaftsflüchtlingen)
Wer in die Schweiz zieht wegen der dort "freundlicheren" Steuergesetzgebung, der ist ein Wirtschaftsflüchtling, gell Frau Weidel.   Ende des Exkurses....


Was bedeutet mir Europa? 

Auf jeden Fall mehr als Urlaub in der Sonne. 
Neugier. Auf die Anderen. Wie leben sie. Wie gehen sie mit Problemen um. Wie funktioniert ihr Sozialwesen, ihre Altersversorgung und Vorsorge, ihre Polizei, ihre Justiz, ihr Ballett, ihr Jazz, ihre Landwirtschaft, ihre LehrerInnenausbildung, ihre Müllabfuhr, die Geschwindigkeitsbegrenzung auf ihren Autobahnen, der Nationalfeiertag, ihre Orchester, ihre Wissenschaft, ihre Korruption, ihre Staatsverschuldung. Wie ticken ihre Autorinnen, Baumeisterinnen, ihre Atomkraftwerke, ihre Krankenhäuser, ihr Nationalstolz, ihre Künstlerinnen, Politikerinnen und ihre Lieblingsgerichte. Wie schmecken die Süßigkeiten dort, wann kommt man in die Schule, wie sieht ein Kindergarten, ein Altersheim, eine Palliativstation aus. Was lernen sie in der Schule über die Geschichte ihres Landes, wo kommen sie her, wie haben sie früher gelebt. Haben sie Kirchen, Moscheen, Synagogen. Worüber erzählen sie Witze, schreiben sie Bücher, für was gehen sie demonstrieren. Was denken sie von uns. Wie bauen sie Häuser, backen sie Brot, züchten sie Rinder. Darüber möcht ich was erfahren, und zwar nicht nur, wenn Georgien grad Buchmessenehrengastland ist, sondern in der täglichen Berichterstattung, bitteschön.

Es gibt so viel zu entdecken und man muss garnicht weit weg fahren.

Eine Tür weiter im Haus fängt Europa an, lies das Klingelschild und läut an. 



4 Kommentare:

  1. Hach, Eva,
    JAAAAA!
    Das unterschreib ich. Genauso.
    Und Deine Neugier ist genau das, was uns alle weiterbringen könnte.
    Hab vielen Dank und einen schönen Sonntag!
    Lieben Lisagruß!

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  2. Unterschrieben, auch von mir!
    GLG
    Astrid

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  3. ebenso!! danke für deinen beitrag. besonders gefangen genommen hat mich die idee, endlich nicht mehr die rechten fratzen in der glotze sehen zu müssen, sondern normale menschen, die in unserer europaischen nachbarschaft leben und arbeiten. und neugier? immer!!
    liebe grüé
    mano

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  4. Ebenso unterschrieben. Danke! "Indem wir das Narrativ ändern, ändern wir die Wahrnehmung." Ich lebe ja hier draußen im Wald auf so einer Art Insel, aber wenn ich - wie heute oder vorletzte Woche - in die Stadt oder gar die große Stadt komme, ist meine Wahrnehmung eine deutlich andere als die, die sich durch Konsum der gängigen Medien auch in meinem Hirn angesammelt hat... Vorurteile, die meinen arglosen neugierigen Blick aber dann doch nicht zu verstellen mögen, zum Glück. Ich sollte meine Spuren des Gelingens im Blog wieder aufnehmen... Im Gropius-Bau gibt es gerade eine Archäologie-Ausstellung "Bewegte Zeiten", spannend. Und wer tatsächlich glaubt, dass hier genuine und reine Deutsche gibt, kann da ein paar Stunden Geschichtsunterricht nehmen... Ich trage gern die Gene aus Ost, West, Süd und Nord mit mir herum ;-) Liebe Grüße Ghislana

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Wie war das - für Blogger sind Kommentare wie der Applaus im Theater - na denn, tut Euch keinen Zwang an! Ihr dürft pfeifen, trommeln, klatschen.... mit Euren Kommentaren isses hier nicht so einsam. Danke!
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