Samstag, 18. Juni 2016

die welt vor meiner tür

morgens auf dem weg zur arbeit ein mann wie aus einem französischen comic. schwarze jeans, schwarze stiefel, schäfte bis zum knie. schwarzes t-shirt. brille, ernster blick. ein dichter dunkler gutgeschnittener bart. auf dem kopf eine schwarze melone. er läuft die grünanlage entlang, die tasche pendelt gegen seine hüfte.

die hochhackige verkäuferin, die jeden morgen das gleiche angestrengte gesicht eines menschen mit schmerzenden füßen vor sich trägt, hat heute eine freundin dabei. sie reden und scherzen. ihre schritte sehen dennoch schmerzend aus, eiernd, doch ihr lachen spürt ihre füße nicht.

eine verhüllte hausfront. dahinter handwerker, die von innen mit ihren eimern, einem kopf, einem bein, einem hintern gegen den stoff drücken. ein schwangeres haus, aus dem laut musik tönt.

mein sohn ist auf einem lehrgang und hat eine füllung verloren. "mach mir einen zahnarzttermin aus wenn ich zurückkomme morgen, mama", schreibt er und setzt noch hinzu, "wir haben kornschnaps da, zum desinfizieren nach dem essen".

die nacht nach dem wolkenbruch ist sanft und windstill. am himmel, klargefegt, ein dreiviertel voller mond, strahlend hell. stunden später ist er abgesoffen in wattigen wolken. das licht aufgeschluckt. nur noch ein milchiger fleck. tintige nacht. ich fühle mich blind.

am morgen wirft mir plötzlicher wind jeglichen schmutz in die augen. unterwegs halte ich an, reibe die augen hinter der brille. sand und die harten fasern der platanensamen. es juckt und tut weh.

im büro hinterläßt eine kundin unerträglich süßes parfum. ich öffne türen und fenster. die türen knallen im durchzug. ich keile sie mit stühlen und milchtetrapacks, bis sich der klebrige dunst verzogen hat.

nachmittags ein rauschender wolkenbruch. regen wie schnüre. die köpfe der rose hängen nach unten wie die gesichter geschlagener kinder.

4 Kommentare:

  1. Guten Morgen und Willkommen! Und schön, dass die Welt vor deiner Tür nun ein bisschen auch zu uns kommt ;-). Auch ich freue mich auf die Sommerpost! Lieben Gruß Ghislana

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    1. Oh guten Morgen Ghislana! Mein erster post und Dein erster Kommentar. Kicher. Oh ja die Sommerpost. Heute früh im Radio ein Song mit dem Titel Hinter dem burnout liegt das Paradies! Ich schreibe den Satz auf und lache mich schief. Liebe Grüße, Eva

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  2. Dein unschwülstiger, präziser Schreibstil gefällt mir sehr gut. Wärst du bei Wordpress würde ich dich abonnieren, aber bei blogspot funktionieren auch die Kommentare nur manchmal und das ganze ist ziemlich nervig .... herzliche Grüße

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    1. em huch freu lach. Dein unschwülstiger, präziser Schreibstil gefällt mir sehr gut. Vielen Dank, und - das könnte ich Dir genauso unter dein blog schreiben, das ich heute entdeckt habe und das mir sehr gefällt. Herzliche Grüße! Eva

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Wie war das - für Blogger sind Kommentare wie der Applaus im Theater - na denn, tut Euch keinen Zwang an! Ihr dürft pfeifen, trommeln, klatschen.... mit Euren Kommentaren isses hier nicht so einsam. Danke!
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