Während ich schreibe, blechtippeln gegenüber die Tauben im Sonnenlicht auf dem Rand der höchsten Regenrinne.
Ausflug nach Neuwied, die Heimat des Mannes besuchen. Wir gehen lange am Ufer entlang, bis zur Wiedmündung und über schattenfeuchte Wiesen zurück. Am Ufer eine kleine Herde Enten, ein, zwei Nilgänse dabei und eine Kanadagans in der Mauser, der ein paar fleddrige Flügelfedern bizarr aus dem Gefieder herausstehen.
Im Zug fahren wir in einen sinkenden Abend. Herrlicher Himmel. Das Samtrot des Sonnennuntergangs streift noch feuriges Gelb, das sich nach oben über orange-apricot-mintgrün zu türkis und petrol in der sich verdunkelnden Kuppel verwandelt. Im brennenden Orange zieht ein großer flacher Keil Zugvögel.
Neulich am Morgen betrete ich den Hof, als vor mir ein Wanderfalke abhebt. Er hat eine Taube in den Krallen, hält den Schwanz schwer navigierend hart nach unten. Ich sehe jeden Tüpfel jedes Muster auf den schönen Federn. Mit seiner Beute saß er auf einem Stapel auf dem Tisch liegenden Kissen und ich störte sein Frühstück. Nun muss er den kurzen Weg über Hof und Hintergärtchen mit der Taube schaffen, genug Flughöhe zu gewinnen. Ich bin betört. Einer der Falken der nahegelegenen Kirche vermutlich. Sie nisten seit Jahren dort, der Küster passt auf. Auf den Kissen ein paar gerupfte Federn und Flecke frischen Blutes.
Morgens auf dem Radelweg am Fluss entlang Flugverkehr über mir. Von Osten fliegt ein kreischender Trupp Halsbandsittiche Richtung Stadt, in die andere Richtung wenige Meter tiefer zwei Rabenkrähen, weniger gesprächig. Krk. Im Wasser Kormorane auf Jagd, Schwäne schaukeln herum. Auf den Ufertreppen dösen Tauben in der Sonne, dazwischen die eine oder andre schmal aufgerichtet aufmerksame Jungmöwe mit schwarzen Beinen und Käppchen, bereit, jederzeit aufzufliegen. Oben segeln die großen Geschwister über dem Fluß.
Nachmittags fallen auf die unkrautbewachsenen Schultern der Erdhaufen Distelfinken ein, Säämchen sammelnd und knuspernd, Sperlinge auch. Über den Weg knickst eine Bachstelze.
Vor ein paar Wochen kobolzt die letzte Brut Blaumeisen durch den Hof. Fünf Winzlinge purzeln durch die Heckenrose, die sich über zwei Höfe spannt, sammeln sich auf meinem Blumentisch, schaukeln an Pflanzen und Stöckchen. Jeden Nachmittag tropfen sie wie bunte Federbällchen in das wilde Rosengeheck, turnen, piepen, klettern, fliegen tiefer bis in die Pflanzen, den Tisch und zum Vogelbad. Eines beginnt mit Trinken und Plätschern, das Zweite hüpft mit herein, ein Drittes bleibt zweifelnd auf dem Rand sitzen, trinkt nur. Vier und Fünf hampeln lieber durch die Blumentöpfe, landen schwerelos elegant seitwärts an Stöckchen und Stangen. Ich liebe dieses Gekasper und Gewusel! Ein herrlicher wildgewordener Meisenkindergarten!
Vor und nach Sonnenuntergang das Gekakel, Lärmen und Schwatzen der Krähen. Sie gurren, grunzen, krächzen, quietschen, schnattern, fiepen, grollen. Ich stelle mir vor sie erzählen den Tag, sortieren Schlafplätze und diskutieren die Zugrouten. Am Morgen wache ich mit einem Lächeln von ihrem Gequassel auf und sehe ihnen am Abend zu, wie sie in großen Trupps durch den weit über uns noch abendhellen Himmel zu ihren Schlafbäumen fliegen. Unten bei uns sind die Bäume schon scherenschnittschwarz und die Fledermaus jagt.
Zwischen Wachen und Schlaf begegnet mir ein alter Kindertraum. Ich gehe die Straße entlang und gleite mühelos in die Luft. Die Beine nach hinten, Arme am Köper liege ich waagrecht und fliege meinen Weg. Nicht sonderlich hoch, aber eben nicht mehr dem Boden verhaftet. Auch in geschlossenen Räumen. Der Spaß unter der Decke zu kreisen und nicht gesehen zu werden. Denn wer hebt schon den Kopf? Im Michwiederhineinträumen das vergessene kribbelnde Gefühl in Füßen und Bauch. Ich kann fliegen!
Und ihr?
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