Sonntag, 28. Februar 2021

Alte Brücke - für Mehrnousch. Mit Dank!

Die tiefgegründeten Füße der alten Brücke lagen freigelegt nackt unterm Regen. Ein Damm schützte die Fundamente, um die die Archäologen krochen, um das Alter jedes einzelnen Steins zu bestimmen. Was ein Aufwand, fluchte der Polier und schmiss seine Zigarettenkippe Richtung Ausgrabungsstelle. Sie verlosch zischend. Diese Aktion kostet uns mindestens 2 Monate Bauzeit, wo die Scherbenbuddler uns alles lahmlegen. Er spuckte aus. Am liebsten würde ich alles bei Nacht und Nebel fluten!

Und wie geht's weiter? fragst du.
Ja was weiss denn ich, wie es weitergeht.
Wieso weisst du das nicht?
Keine Ahnung, ich hab nicht darüber nachgedacht.
Flutet er jetzt die Baustelle oder was? Weiss ich nicht,
aber, jajaja, kann ja sein. Wenn er sie flutet, wirds ne Riesensauerei und er kriegt einen Mordskrach mit dem Baustellenleiter. Und mit der Stadt! Wieso der Stadt? Mit den Archäologen. Ja aber die Stadt schickt die doch immer hin, damit sie die Ausgrabungen sichern. Achso. Ja. Wenn Du das so genau weisst, wieso schreibst du dann nicht weiter? Es ist doch nicht mein Polier! Aha. Aber meiner, oder was? Ja klar ist es deiner, du hast ihn doch erfunden! Ich hab nix erfunden. Der war einfach da. Was heisst das "einfach da"? Das klingt wie eine saublöde Ausrede von Autorinnen, die nicht verraten wollen, wie sie ihre Geschichten stricken!

Also hör mal, weisste. Nein. Im Ernst, der war einfach da. Ich bin spazieren gewesen, da, weisst du, an der Nordmole, wo sie den letzten Brückenkopf oder was das war ausgegraben haben und die sichtbaren Mauern liegen hinter der Kaimauer im Trocknen. Und gleichzeitig haben sie, aber das war an einer anderen Stelle in der Stadt, jüdische Grabsteine gefunden, bei einer anderen Ausgrabung, und Mehrnousch wollte ne Geschichte zu der alten Brücke. Also hab ich das zusammengetan in Gedanken. 

In das Loch da geguckt und hebräische Schriftzeichen gesehen und mich gefragt, wen ich fragen muss, ob auf den alten Grabsteinen hebräisch oder jiddisch geschrieben steht, und dann wurde ich unsicher, ob es das gibt, jiddische Grabsteine oder ob ich furchtbar Mist schreibe, wenn ich das einfach so in die Geschichte baue. Deswegen hab ich's erst mal weggelassen. Und ob sie schon wissen, von wann die Grabsteine sind, ob sie das schon rausgekriegt haben oder auch nicht lesen können oder was. Weiss ja nicht, wen ich da fragen muss. Und in diese ganze Überlegerei ist der Polier aufgetaucht mit seiner Mordswut und die ganze Fragerei war futsch, weil der brennende Kippen in die Pfützen schmeisst und es regnet und ist eh ein Sauwetter und die Baustelle ist sowieso schon im Verzug wegen Corona, weil sie in 3 Schichten arbeiten müssen und seine Frau ist motzig, weil er immer so spät heimkommt und schlechte Laune hat und Schlamm in den Stiefeln bis an die Knie und dann graben die statt römischem Scheiss, den man ja bei jedem Spatenstich findet, plötzlich jüdische Grabsteine aus.  Jemand telefoniert, die Scherbenbuddler tanzen an und machen ein Geschiss drum, hebräisch hinten und jüdisch vorne, dabei sind die Grabsteine früher doch einfach überall eingebaut worden, die hat man schon an allen Ecken wieder ausgegraben, beim Tunnelbau am Südbahnhof, da sind auch ganz viele aufgetaucht.
Wo kommen die eigentlich hin?
Wer? Na, die Grabsteine, wenn sie sie ausgegraben und abgebürstet und gelesen und übersetzt haben. Wo kommen die dann hin? Weiss ich doch nicht. Die darf man bestimmt nicht ausstellen. Wieso nicht? Jüdische Gräber darf man ja auch nicht ummachen. Die liegen da bis zum jüngsten Gericht.
Und die Grabsteine auch?
Die Grabsteine auch.
Na dann gut Nacht. Da kriegt der Polier nen Herzinfarkt.
Hä? Wieso das denn nun? Ja, wenn die Grabsteine da bleiben und so irgendwie heilig sind, dann können die sich die weitere Baustelle doch in die Haare schmieren! Dann kommen Plexiglasplatten drüber und Denkmal-Erklärtext und Schulklassen zum Gucken und 'ne Einweihung mit Bürgermeister und dem Archäologenchef da, dem Kleinen, Du weisst schon und der Baudezernentin. Das volle Programm mit Blumenstrauss und Dankeschön und Scheiss. Und der Polier sitzt da mit den 15 Leiharbeitern aus Polen, die die ganze Zeit rumfluchen, weil das Zywieczbier alle ist und sie wegen Corona nicht heimfahren dürfen, weil sie dann in Quarantäne müssen und bis sie wieder hier sind und nochmal Quarantäne, ist die Arbeitsstelle futsch und sie verdienen garnix mehr. Also sitzen sie hier rum und warten, dass es weitergeht und trinken schlechtes deutsches Bier und gehen dem Polier auf den Wecker, weil sie ständig nach ihrem Geld fragen und der Arbeit und mit ihren Familien telefonieren, "jaja, geht weiter, nein, weiss nicht, wann Geld kommt" und er hat den ganzen Ärger. Also wird er doch fluten?
Ja, bleibt ihm ja nix andres übrig. Der will ja auch mal fertig werden. 


Am nächsten Morgen steht dann alles unter Wasser. Sie können endlich die Archäologenfuzzies wegschicken, weil, "Weg da! Jetzt kommen Männer, die arbeiten! Weg da!" Sie krempeln die Ärmel hoch und stehen mit Todesverachtung in Gummistiefeln, die viel zu niedrig sind, in dem scheissfebruarkalten Wasser und füllen die Baustelle mit Steinen von anderswo auf, da liegen ja 8 riesige Haufen das ganze Baustellenufer entlang, die Bagger fahren im Akkord hinundher, was hochschwappt wird abgepumpt, und eh die Scherbenbuddler piep sagen können, ist das Loch verfüllt. 

"Klasse, ganze Arbeit Männer, jetzt ist Feierabend!" Alle schmeissen ihre Kippen ins Wasser, dass es zischt und gehen gegen das Licht der untergehenden Sonne zu ihren Baubaracken und der Abspann läuft mit so Cowboyundwesternmusik.
Das passt jetzt aber garnicht.
Mann, Du hast über.haupt.keine.Phantasie.und.keine.Ahnung.vom.Schreiben! Dann schreib's doch selber!

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