sandsturm
I
sand
wind und sand
der spuren schluckt
und schleier zieht
fliegende mauern wirbelnd tanzen lässt
darin du
in verzweiflung
wendest dich
suchst seinen schatten
wo der sand dir
nicht die haut
zerschmirgelt
ab
bis auf die knochen
kanten glättet
und sich
körnig beisst
bis dir
ein nackter schädel nur
in dem die augen matt geschliffen rollen
anstelle hirn
sand kies geröll die hohle schädeldecke füllt
bis du
mit einem schrei
aus deinem trocknen mund
dich drehst und drehst
ein derwischkompass
und im sturm
windhosengleich
aufsteigst
und kreiselst
wirbelst um dich selbst
atemlos und blicklos
bis es rieselt
fadengleich
wie aus einer lecken
sanduhr
streut
eine spur sich
anfangs unsichtbar
aus feinem
schwarzen sand
malt
wie ein pendel
das im sandrund läuft
unter dir ein kreis
und plötzlich schluckt und schluckt
und SPUCKT dich dieser sandsturm wieder aus.
II
du liegst in deiner spur
ein schwarzer kreis von kopf zu hand
und fuß und fuß und hand und wieder kopf
und aussen
endlos grau und braun
schon hebt er wieder an
wirbelnd dir schleier um zu winden
wirft sich an deinem mund
zu sticken deinen schrei
doch du
rollst dich aus diesem zorn
kriechst aus dem furor
mit letzter kraft
und allerletztem atem
die stille kommt zu dir
bald tobt und kreist es schwächer
müdrast sich dieser sturm
bis schwach
ermattet
er sich legt.
III
du fegst den sand
und leerst die taschen aus
du drehst dich um
stehst auf
und gehst.
15. Mai 2017
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Das ist meine Antwort auf Andreas eye poetry
die mit dem folgenden Text Haruki Murakamis aus "Kafka am Strand"
mir eine Herausforderung war.
Ich habe an dieser Vorgabe genagt.
Ganz schnell waren die Zeilen da "und plötzlich schluckt und schluckt
und SPUCKT dich dieser sandsturm wieder aus" und sagten klar 'wir sind der Schluss, Du musst Dich zu uns hin schreiben' - ein Prozeß des Schreibens, den ich nur allzugut kenne. Ähnlich dem was Rotkraut beschreibt, da ist ein Bild vor Augen - und es malt sich quasi von selbst. Dieses Eigenleben eines Prozesses, dem man sich manchmal sehr beschenkt überlassen kann.
Danke Andrea, für die Idee und Inspiration!
Ein starker Text zu einem starken Text. Wie berührend und vor allem wie kraftvoll. Danke! LG. susanne
AntwortenLöschenein ganz toller text, der murakamis worte noch einmal stark und persönlich verdeutlicht. mir gefällt besonders der schluss: "du fegst den sand und leerst die taschen aus..."
AntwortenLöschenoft getan, oft erlebt. immer einigermaßen heil herausgekommen - manchmal erschöpft, manchmal gestärkt, manchmal klug.
liebe grüße
mano
Das ist wirklich eine kraftvolle, intensive Interpretation von Murakamis Zitat. Die zieht einen wirklich stark in das Sturmgeschehen hinein. Wie Mano bewegt mich gerade sehr das Ende des "müdgerasten" Sturmes. Ja, das Fegen des Sandes und das Ausleeren der Taschen sollte nicht vergessen werden!
AntwortenLöschenIch glaube, ich werde noch ein paar Mal zum erneuten Lesen zurückkehren.
Wunderbar, dass Du teilgenommen hast, ein Genuß!
Liebe Grüße
Andrea
Sehr beeindruckend, Du hast wohl alles erfasst, was der Sandsturm mit sich bringt.
AntwortenLöschenLG
Magdalena
Ich bin auch sehr beeindruckt. Toll, wenn so ein Gedicht gleichsam aus einem Sandkorn in der Muschel zur Perle wäschst , nur offensichtlich etwas schneller.
AntwortenLöschenLG pipistrello