Sonntag, 26. Mai 2019

ich erinnere mich....

ich erinnere mich
 

ich erinnere mich an den schulweg mit sieben.
unsere heimat ein straßendorf. die häuser stehn giebelseitig, daneben zweiflüglig das tor, früher scheunenzufahrt gewesen, ein flügel traktor- und fuhrwagenbreit, einer für menschen. hinter tor, haus und innenhof stehn quer die scheunengebäude. dann das nächste haus. geschlossene fronten zur straße. alle tore übermannshoch.

auf dem bürgersteig lief von jedem grundstück ein "kennel" zur straße raus, abfluß für regen, brauchwasser. jedes trottoir anders. mal lehmige erde, ein kennel aus backstein, moos auf den rändern. mal ein gepflasteres trottoir und der kennel mit blechdächelein. mit beiden füßen draufspringen - wie herrlich das schepperte! vor dem nächsten haus unebener boden aus huckelig runden flusskieselsteinen, der kennel backsteingefasst. gelegentliche versuche mit fleckigem bröckelndem asphalt, nach jedem winter mehr aufgebrochen. in den rändern stand wasser, später blühte leuchtend der mauerpfeffer. der asphaltbelag schwand. kennel aus eisenrohren gab es, selbstgegossene mit seitwärts in  grauen placken ausgelaufenem beton.
die trottoirs im sommer trockene lehmige erde, in den ritzen gras oder löwenzahn. matsche bei regen, pfützen zum reinspringen oder drüberhüpfen, je nach schuhwerk und laune.

ein grundstück, eines nur, mit einem nach hinten versetzten haus. zur straße ein eiserner maschendrahtzaun, dahinter ein garten. nickende gräser, pfingstrosen, rittersporn, klatschmohn, gemüse wahrscheinlich, ein niedriger obstbaum. ich habe dieses grundstück bewundert. jeden tag. weil es so bunt war. so offen. aus der reihe tanzte. schön war. als kind stand ich vor dem maschendrahtzaun und guckte. garten und vögel, schmetterlinge, die katze. backsteingepflasterte wege in rotbraun und gelb. niedriger holzzaun am beet aus grauverwittertem holz. dahinter das haus. ein häuschen. einstöckig mit niedrigem dach stand es da, traufseitig mit herabgezogenem ziegelhut. kleine fenster mit sandsteinsturz. ohne fensterladen. plackiger alter gelbbrauner putz. wahrscheinlich "ärmere leute".

wie giftig die nachbarn waren, als die stadt eines der grundstücke den p's zuwies, einer heute würde man sagen asozialenfamilie. die frau schwer übergewichtig seit kindheit schon, mit braunen und krummen zahnstummeln schlechter nachkriegsernährung. der mann klein und dünn, vermutlich analphabet, hilfsarbeiter, mal bei den winzern und landwirten, mal arbeitslos. ein begeisterter handwerker, der schrott mit dem fahrrad nachhause fuhr und hilfsbereit reparierte. dünn, krummbeinig, mit ausgewaschenen grünen hosen, unterhemd und hosenträgern. zu mir waren sie immer freundlich. meine mutter kannte ludwina, die dicke frau, sie war mit ihr zur schule gegangen. handball konnte sie gut, erzählte mutter, die als spielführerin ihre mannschaft nicht nach mädchenfreundschaften zusammenstellte, sondern nach dem können der spielerinnen.
ludwinas tochter, geistig zurückgeblieben, die im nahen wirtshaus gelegentlich aushalf, hat irgendein gast ein kind gemacht. wahrscheinlich hat er sie an die wand gedrückt und sie wusste garnicht, was ihr geschah, vermutete mutter. wie alt war das mädchen? 13 oder 14 vielleicht. das schweigen der nachbarn. siebziger jahre.

der wachsende wohlstand. die scheunen zu wohnungen umgebaut oder garagen, die gescheckten trottoirs einheitlich asphaltiert. die grundstücke, teilweise noch bis in die achziger mit sickergruben, bekamen kanalisation. 

die hölzernen tore ersetzt durch graue aus schlagmetall. familie p blieb den nachbarn ein dorn im auge. erinnerte an ihre eigene bäuerliche, arbeiter-, handwerkerherkunft. an väter, die mit unterhemd und bier im ungepflasterten hof saßen, in der scheune ein schwein oder die letzte kuh. fliegen. schwalben unterm dach. eine alte hölzerne sitzbank neben der treppe zum haus, die verbeulte milchkanne, ausgetretene sandsteinstufen und ein flammend blühender schlangenkaktus.

ich erinnere mich.

Freitag, 24. Mai 2019

Kleb und bapp und näh - Museumswerkstatt die erste

Was ein Sonntag!


Die diesem Sonntag geschuldete Plättlichkeit zog sich noch einige Tage in die Woche hinein, weswegen ich bis dato noch nichts hochgeladen habe, ausserdem warte ich noch immer auf Fotos der Museumspädagogin. 
Anyway. 



Der Museumstag war sehr drollig. Gemessen an der Zahl der BesucherInnen war die offene Werkstatt eher zahm besucht - gemessen an der Zahl der gebundenen Bücher aber ganz und gar nicht!



 Um viertel vor 10 kam ich per Zug mit Rad und Koffer in Bingen an. Frau K. wartete schon. Wir bauten den Arbeitsplatz auf aus 6 Schultischen, die zugeschnittenen Bögen, Handwerkszeug, ein paar Stempel und Stempelkissen aus meinem Fundus, dazu einen separaten Tisch für Bezugspapiere und eine separate Kleisterstation (Danke Eli!)  und um 11 Uhr öffnete unten das Museum.
Schlag 11.10 Uhr kamen drei Damen herein "Wir sind nur wegen dem Buchbindekurs gekommen" - Große Freude! Wir begannen gleich mal kompliziert mit dem chain stitch, dann ging es fröhlich, konzentriert und sehr interessiert weiter mit all den anderen Bindemustern. Sie wechselten mutig geworden von farbigen und bestempelten Umschlägen zum Lokhtapapier und Carta Varese. 
"Ach, die Papiere sind ja toll. Und da darf ich? Und die kosten nix?" Und dann breiteten sie strahlend die Bögen auseinander, konnten sich kaum entscheiden, freuten sich und wir uns mit.



Sie blieben nicht die einzigen, die - einmal Blut geleckt - vieles ausprobieren wollten und sich unterschiedlichste Bücher gestalteten. Kinder kamen hereingewuselt, ganze Familien und alle unsere großen wie kleinen BesucherInnen gingen mit mindestens einem Heft oder Buch wieder nach Hause. Eher zwei oder drei....



Wir waren ehrlich überrascht vom Durchhaltevermögen und der stillen Konzentration - genauso wie von der Zielstrebigkeit mancher Kindergartenknirpse. Welche Farbe willst Du? ROT. Rotes Papier war aus, sie wählt pink. Welche Farbe soll das Garn haben? ROT. Sprachs und legte los! Möchtest Du Stempel draufhaben? JA. DEN und DEN und DEN. Großes kleines Kino. Herrlich!!




Fazit: Machen wir wieder. 

Aufräumen, Zeug verstauen, den Zauberkoffer füllen (den Spitznamen hat er von Frau K.), die große Mappe bleibt erst mal in Bingen, die bekomme ich gebracht. Manöverkritik mit der Museumsführerin, an der alle Besucherinnen und Besucher mit ihren Büchern wieder rausgingen - "Sie können stolz auf sich sein. Sehr tolle Bücher haben die Leute gemacht. Sie haben ja wirklich hochwertiges Material mitgebracht!"  



Tja und dann
dann
dann war der Zug mal wieder weg, 
der nächste erst 45 Minuten später, der Sonntag sonnig und warm, Tasche und Zauberkoffer auf dem Rad festgezurrt -

so bin ich die 34 km durch die Deichwiesen voller Wiesensalbei, Butterblumen, Grillen, Gänsen, Dohlen und Storch heimgeradelt - zwei Stunden. Uff.

Essen, Trinken, Duschen, Familie, Quatschen, Umfallen.

...ich hab meine erste Museumswerkstatt überlebt ...



Als gestern die Schule für die Projektwoche absagte, da sich zu wenig Kinder angemeldet hatten, war ich ehrlich gesagt nicht sehr traurig. Die nunmehr dritte Datenbank einzurichten kostet grad jobmäßig wahnsinnig viel Konzentration und Nerven - während der Projektwoche hätte es für mich bedeutet, morgens in der Schule und ab nachmittags im Büro zu arbeiten. So fühle ich mich doch etwas entspannter.... Grins.  

Nicht dass ich nicht einen Sack voll Ideen gehabt hätte....Anyway.
Der geht nicht verloren. Der Sack voll Ideen. 

Treibt's bunt! 





Samstag, 18. Mai 2019

Bücher binden und so weiter.....



Das ist der Wasserstand vom 13 Mai.
Gestern am 17. war er trotz zwischendrin bisschen Feuchte vom Himmel schon wieder gesunken.
Da guckte das Grünzeugs schon wieder aus dem Wasser.

Vorhin rappelte mal ein kleines Gewitterchen vobei, schepperte rum, warf etwas Regen, naja, verzog sich wieder.  Es darf ruhig noch regnen und trotzdem warm sein. (Werden die Spargel auch billiger)

 Worldcollageday-Karte von Mano! Große Froide!

Und von Claudia auch eine! Hachz, danke ihr Lieben!

Die Vorbereitung der Museumswerkstatt - die gleichzeitig auch Vorbereitung auf die Projektwoche in der Schule ist, später im Juni - ließ mich alles mögliche ausprobieren. Angefixt von den tollen Sachen von travellingbookbinder Rachel Hazell hab ich kleine Bücher gebunden und alle möglichen Stiche ausprobiert, Schablonen entworfen, Stichmuster gezeichnet, Anhänger gemacht,* schliesslich hab ich den bunten Verschnitt von der Druckerei mitbekommen, was ich sehr nett fand.





Momentan pack ich dies noch ein und das noch ein und jenes vielleicht auch noch? Kicher.
Menno, ich bin doch langsam aufgeregt. So'n Projekt hab ich noch nie gemacht.


Mit Restpapieren lässt sich trefflich Blödsinn machen:











und obwohl die Museumspädagogin gestern schon einen großen Teil des Geraffels mitgenommen hat, ist mein Schreibtisch immer noch das wilde Gerümpel - aber, mir schwant, mitten im Chaos neige ich dazu, die meisten Ideen auszubrüten ...
treibt's bunt!

*und denkt bitte nicht, die gibt ja an wie ne Tüte Mücken. Die ist einfach aufgeregt!

Samstag, 11. Mai 2019

draussen schiffts

Perfekt getimt also gestern

Hallo Pastinake! Gut durch den Winter gekommen?

direkt nach der Arbeit gleich in den Garten zu fahren.

mein wilder Feldsalat. Schmeckt auch wenn er blüht noch

Sonne, nicht zu warm,

Kornrade, Nelke und zwei Pfingstrosenkleinchen


Bienchen, ein paar (Kilo)meter Unkraut rupfeln,

Kräuterschöpfe - Bohnenkraut, Oregano, Pimpinelle, der Schnittlauch blüht und die Minze kommt auch gekrabbelt...

Beete anlegen,  Kompost schaufeln,

Erbsen gelegt, das Scharbockskraut darf bleiben

Sense schwingen, Wiese mähen, tralala, 


Erdbeeren mit Hornspänen, Urgesteinsmehl und Kompost verwöhnen,


Blicke geniessen

und für den nächsten Kuchen vorsorgen

Rhabexplosion oder Monsterrhabarber  



Ein paar Nasen Duft


und tschüss.

Heute: Muskelkater pflegen.  Draussen schiffts.

MAINZER MINIPRESSENMESSE

Jetzt mal ganz fett Werbung:

Zum 25. Mal MMPM in 50 Jahren (1970 bis 2019):
30. Mai bis 2. Juni 2019 in der Mainzer Rheingoldhalle

© Minipressen-Messe
© Minipressen-Messe
 
KleinverlegerInnen HandpressendruckerInnen BuchkünstlerInnen PapierkünstlerInnen AutorInnen IllustratorInnen PapiermacherInnen - BuchKunst vom Feinsten, wie's das Herz begehrt.

Kommet zuhauf, sage ich da nur. Alle zwei Jahre findet in Mainz eine internationale Buchmesse statt für Kleinverlage, die die tollsten Sachen bietet.

Verlage und BuchkünsterInnen aus Deutschland, Südafrika, Großbritannien, Luxemburg, Niederlande, Schweiz, Österreich, Spanien, Tschechien - es werden Euch die Augen übergehn!
Im Ausstellerverzeichnis findet Ihr von Andante Handpresse Berlin über augen:falter zu edition federleicht zu Gerard Paperworks über die Mühleisenpresse Köln bis zur Papierwerkstatt Sifft so viel unterschiedliches, wunderbares, Augen beglückendes, Herz verzauberndes aus allen un-möglichen Bereichen der Arbeit mit und auf Papier, dass ich nur herzlich einladen kann, die Werbetrommel rühre und gerne bereit bin, mit der und dem Einen oder Andern, der und die sich nach Mainz auf die Socken macht, eine Runde mitzugehen, BloggerInnen in Echt und Farbe kennenzulernen und die schönsten Exponate buchkünstlerischer Art gemeinsam zu entdecken.  Ich würde mich freuen!

Ach ja, und das netteste, Eintritt ist FREI.
Rahmenprogramm mit Lesungen, Performances nicht zu vergessen, gelle.
© Minipressen-Messe 
© Minipressen-Messe                                                       Lohnt sich!!