Dienstag, 16. Februar 2021

Strohrum und Stützfrikadellen

Herr Buddenbohm hat mich mit dem Weckwort Rummeroma und seiner Stützschokolade schlagartig ins Erinnern katapultiert. Rumaroma. Gab's bei uns nie. Aber Strohrum, den Oma jeden Sommer von ihrem südtiroler Wanderurlaub mitbrachte. Sie starb 2003. Eine Flasche von dem Zeug haben wir noch. Strohrum. 80%. Pure Chemie mit Zuckerkulör. Bah. 

Kam in Kirschenmichel oder Apfelmichel, Rosinen und Korinthen für den Weihnachtsstollen wurden darin eingelegt, ein Schluck in alle Kuchenteige, weil "der hilft aufgehen".  Im Winter Tee mit Rum. Die Erinnerung an den Geruch reicht und ich stehe in der niedrigen Küche, gestrichen in helltürkis, am großen Tisch mit seiner Wachstuchdecke, in die ich an langweiligen mach-deine-Hausaufgaben-Nachmittagen mit den Gabelzinken Löcher piekte, brav dem aufgedruckten Kreuzstichmuster nach. (So spitzige Gabeln gibt's heute nicht mehr. Gefährdung des Kindeswohls...) Meine kleine Oma wuselte, rührte Kuchenteig, schlug Eischnee mit den Schneerädchen*, ich drehte auch ne Weile, aber ihre Ausdauer hatte ich nicht. Am Spülstein nur fliessend kalt Wasser. Nescafe mit Kabapulver gemischt für's Kind. Oma mischte Pils mit Malzbier. Sie mochte es auch lieber süß.

Stützschokolade ist ein wundervoll assoziativer Begriff. Kann ich bestens nachvollziehen. Sind bei mir Stützkekse. Ich brauchs knirschend, knurspelnd, krachend. 

Als ich Kind war, wären es eher Stützfrikadellen gewesen. Und zwar Freitag nachmittags. Mutter kam freitags am frühen Nachmittag heim, fertig nach einer Knochenwoche in einem Männerberuf. Kochen? Bloß nicht! Ab ins Auto und zum Strebel, der hatte Hähnchen am Grill und heisse Frikadellen. Bezahlt, Tüten genommen und zurück ins Auto. Eine Tüte gleich auf den Schoß. Aufmachen. Der Geruch! Boah. Dass der Magen noch lauter knurrt. Die Stützfrikadelle. Mundverbrennend heiss im blassen Brötchen. 

Würd ich jetzt auch eine essen. 

 

*Schneerädchen: oben Kurbel und Griff, mittig Zahnrad, unten ein Schlägerpaar. Simple Mechanik für Sahne und Eischnee

1 Kommentar:

  1. herrlich ...
    die Stützfrikadelle treibt mir auch die Spucke in den Mund...
    wunderbarer Stil so eine Anekdoten zu erzählen...
    kein Wunder dass ich weiter - lesen möcht...und will...
    damit bin ich schwer am Wickel...
    herzlichst angelface
    darf ich den Link mit auf meine Seite nehmen?

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Wie war das - für Blogger sind Kommentare wie der Applaus im Theater - na denn, tut Euch keinen Zwang an! Ihr dürft pfeifen, trommeln, klatschen.... mit Euren Kommentaren isses hier nicht so einsam. Danke!
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