Mittwoch, 1. Februar 2023

Ein neues Jahr. Wieder. Ein geheilter Ellbogenknochen. Endlich wieder das Licht.

 Seit dieser Woche arbeite ich wieder im Büro. Die Schlinge ist ab, der Knochen verheilt, jetzt müssen Muskulatur und Sehnen wieder in Gang gebracht werden.

Der Physiotherapeut ist ganz fröhlich "ach schön, Sie haben ja gar keinen Muskulaturverlust! Oh, und die Schulter ist frei! Und keine Anspannung, schön. Da hab ich schon ganz andres gesehen. Da hab ich schon ganz andres gesehen", brummt er, ehe er meine Muskeln und Sehnenansätze malträtiert, dass ich schier losschreie. "Nur Mut!" sagt er. "Machen Sie alles im Haushalt. Der wird wieder. Den kriegen wir wieder grade!" Nur nicht aufstützen, gell. Keine Liegestütze oder so Zeug. Machen Sie Sport?" Als ich verneine, kommt ein "muss ja nicht" 

"Ich fahre Rad und hab 600 qm Garten", sage ich, leise entschuldigend, "das reicht mir." Wir reden über Gärten, das lenkt mich aber kaum von den Schmerzen ab.

Leicht lädiert aber dennoch grinsend gehe ich nach Hause. 

Am Nachmittag setze ich die üblichen zwei Brotteige an, Teig 2 (das Experimentierfeld) diesmal, einem Tip von brotsamkeit folgend, mit (vegetarischem) Schmalz, ich streue noch Majoran und Thymian dazu und gebe die Pötte in den beleuchteten Ofen zum Gehen. Die Küche ist saukalt. 

Endlich möchte ich einen lange aufgeschobenen Brief schreiben. Kaum am Schreibtisch stoße ich die volle Teetasse um, alles schwimmt. 

Ich trockne und wische und lege Papiere zwischen und verziehe mich grummelnd, das Laptop im Schoß, aufs Bett. Pfft. Dann halt kein Brief. Nach der Wutzerei ist die Laune eh angefeuchtet mopsig...

Entdecke über Wieseltier das Blog Unendlichkeitsfiktion und lese mich fest und rückwärts. Hachz. Froi. 

Gegen neun sind die Teige groß genug, in die Formen gekippt zu werden. Der Schmalz-Majoran-Thymianteig riecht umwerfend! 

Jetzt backen drei Kastenformen voll Brot. Es duftet. Ich schreibe. 

Das Wetter ist unentschlossen, 8°, nasswindig seit 2 Tagen, davor war es eklig kalt. Durch die Nähe zum Fluss wird es kaum trocken-kalt, immer ist da eine Feuchte, die in die Kleidung kriecht, Spaziergänge klamm macht, unangenehm.

Heute morgen das Licht! 

Um 7.45 pünktlich läuten die Glocken, gehen die Strassenlaternen aus, leuchten die Fenster in den oberen Stockwerken hell auf, in meinem Rücken ein Sonnenaufgang, den ich nur gespiegelt ahne, es ist hell, hell, hell, mein Herz hüpft, in den kahlen Bäumen die Nester, über mir kakelnd die Krähen, Tauben hocken noch pennend zusammengeplustert in den Baumkronen, wie dicke kleine Scherenschnittfederpuschels gegen das Himmelslicht. 

Unten blühen Schneeglöckchen, Stiefmütterchen auch. Im Bürohof pflücke ich vom Guerillagardeningborretsch zarte weiche Blattohren für den Salat. 

Auf dem Küchenvordach in einer winzigen Kante wächst seit Jahren Schnittlauch (unerrreichbar in 4 m Höhe). Das kleine Fleckchen von einem Balkon herabgefallene Erde mit Samen hat über die Jahre Humus angesammelt, Moos siedelt drumherum, die Pflanze wird umfangreicher und hat den dürren Sommer überlebt, um im Frühherbst noch einmal zu blühen. Jetzt im Januar baumeln die abgestorbenen Halme herunter, das Moos ist regenstrotzgrün und der neue Schnittlauch treibt nach.

 

Die Brote sind durch. Aus den Formen schubsen und  10 min nachrösten. Hmmm.

Nun ins Bett. Gemischte Lektüre: Ovendens Bedrohte Bücher und Atwoods  Das Jahr der Flut. 

Bleiben Sie zuversichtlich. 

Im Iran werden Menschen gefoltert, malträtiert, vergewaltigt, gebrochen, zerstört. 

Wie harmlos, wie privilegiert, wie dankbar, über Brot und das Licht schreiben zu dürfen, ohne ins Gefängnis zu gehen.  

Lesen Sie Gilda Sahebi, Daniela Sepheri, seien Sie Ohr, werden Sie laut. Bleiben Sie aufmerksam.

Frau Leben Freiheit.  

 

Steuern auf Milliardenbesitze, Abschöpfung der Übergewinne,  keine SUVs - weder E noch Verbrenner (weil Monsterautos Ressourcenverschleuderung sind), kein Lebensmittelhandel an der Börse, keine Patente auf Saatgut und die Kohle bleibt drin.

...wenn ich mir was wünschen dürfte....  

 

 

10 Kommentare:

  1. ich wünsche mit dir, liebe eva! trotz allem schrecklichen in der welt: lass es dir gutgehen, genieße den duft deiner brote und tanke kraft, damit du weiterhin so engagiert bleiben kannst.
    viele liebe grüße
    mano

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  2. ps: und natürlich weiterhin gute besserung für den arm!!

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  3. Des werd, sage auch ich, die einen ramponierten Ellenbogen folgenlos wiederbelebt bekommen hat. Hausarbeit ist ein gutes Training, sagte auch mein Masseur. Der Bandscheibenvorfall, der meinige, ist auch Vergangenheit. Nur die linke Hüfte: Da bin ich dann doch nicht so zuversichtlich, dass das ohne OP wird. Na ja, Jammern auf hohem Niveau, muss nicht sein. Das ist angesichts der Weltenlage bzw. in bestimmten Teilen derselben einfach nicht angebracht.
    Ich freu mich, wenn du Aufwärtsgefühle entwickelst, Zuversicht, Resilienz! Jammertal und sein Tiefen, gehört
    eben auch dazu, um wieder so weit zu kommen.
    Ganz ❤️liche Grüße!
    Astrid

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  4. Ich danke für Deine Grüsse, ja, lasst uns Zuversicht verbreiten, Jammertaeler durch-schreiten, erhobenen Kopfes. Des werd. Ich schicke Hueftaufmunterungsgruesse rheinabwaertts! Herzlich abendlichen, Eva

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  5. Ah, ich hatte es ja gewusst bei deiner Diagnose, dass du lang damit zu tun haben wirst...jetzt musste durch durch die Schmerzübungen - grrr, da werden Erinnerungen wach - aber nur so geht's!
    So schöne Bilder hast du wieder geschrieben, sah alles vor mir!
    Der Schluss zieht mich wieder runter.
    Alles Liebe Ulrike

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    1. Ach liebe Ulrike. Dann lies den Schluss einfach net mit. Ich konnte nicht anders, kam mir schreibenderweise so behütet und privilegiert vor und Anderen geschieht so krasses Unrecht. Ich schicke liebe Grüße in den Nordosten! Herzlich, Eva

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  6. Hui, Du hattest heute Licht? Vielleicht hatte ich deshalb keins, Du hast meine Portion bestimmt zu Deiner dazubekommen ;-). Wie schön, dass Dein Ellenbogen so langsam wieder wird, ein lädierter Arm ist doch sicher sehr hinderlich (einarmiges Brotbacken stelle ich mir schwierig vor).
    Virtuelle-Umärmelungsgrüße aus nördlicher Richtung von Frau Frosch

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    1. Umärmelungen nehm ich immer gerne! Hachz. Ja, da war mal Licht. Heute wieder drisselig und Sprühregen. brrrr. Umärmele rheinabwärts!! Grüße in den Lehm.

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Wie war das - für Blogger sind Kommentare wie der Applaus im Theater - na denn, tut Euch keinen Zwang an! Ihr dürft pfeifen, trommeln, klatschen.... mit Euren Kommentaren isses hier nicht so einsam. Danke!
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